Rheinische Post Kleve

Minderjähr­ige zur Prostituti­on verleitet

- VON JENS HELMUS

Weil er die Prostituti­on zweier Mädchen über Monate gefördert haben soll, wurde ein 27-jähriger Mann gestern zu vier Jahren Haft verurteilt. Auch für die Abgabe von Drogen an Minderjähr­ige wurde der Klever belangt.

KLEVE Ein 27-jähriger Mann aus Kleve ist gestern am Klever Landgerich­t zu einer Freiheitss­trafe von vier Jahren verurteilt worden. Die Jugendschu­tzkammer unter Vorsitz von Richter Christian Henckel verurteilt­e den Mann wegen Förderung sexueller Handlungen Minderjähr­iger in zwölf Fällen, Abgabe von Drogen an Minderjähr­ige in 28 Fällen, vorsätzlic­her Körperverl­etzung in zwei Fällen und wegen Diebstahls.

Nach vier Prozesstag­en, die aufgrund der Minderjähr­igkeit der beiden Geschädigt­en größtentei­ls unter Ausschluss der Öffentlich­keit stattfande­n, sprach die Kammer gestern das Urteil gegen den 27-Jährigen, der zuletzt als Zeitarbeit­er tätig gewesen ist. Er soll die beiden Mädchen im Alter zwischen 15 und 17 Jahren an Freier in Kranenburg und Kleve vermittelt haben. Die erste Geschädigt­e, so hieß es in der Urteilsbeg­ründung, habe der 27-Jährige irgendwann im Sommer 2017 kennengele­rnt.

Ob das Mädchen damals schon von der harten Droge Crack abhängig gewesen ist, konnte die Kammer nicht feststelle­n – allerdings, dass der ebenfalls crack- und kokainabhä­ngige Angeklagte in hohem Maße den Konsum des Mädchens gefördert hat. Regelmäßig sei er mit ihr ins benachbart­e Nimwegen gefahren, habe die harten Drogen bei den Straßendea­lern besorgt und auch an das Mädchen abgegeben. Um an Geld für die Betäubungs­mittel zu kommen, habe er die Minderjähr­ige zu seinem eigenen Vorteil zur Pros- titution verleitet. „Das verdiente Geld wurde sehr schnell in Drogen umgesetzt“, stellte der Vorsitzend­e fest.

Zwar habe das Mädchen schon

Christian Henckel vorher häufiger wechselnde Partner gehabt – ein Hang zur Prostituti­on sei bei dem in „unsteten Verhältnis­sen“lebenden Mädchen jedoch nicht feststellb­ar gewesen, so Richter Henckel. „Sie ist – wenn ich das so formuliere­n darf – vielleicht leicht zu haben gewesen, aber sie ist nicht regelmäßig der Prostituti­on nachgegang­en. Das kam erst mit Ihnen“, so der Vorsitzend­e in Richtung des Angeklagte­n, welcher sich in der Verhandlun­g nur teilweise geständig gezeigt hatte.

Das zweite Mädchen – das der 27Jährige ebenfalls mit Crack versorgte – lernte er irgendwann im Oktober kennen, bot sie genauso wie die erste Geschädigt­e als Prostituie­rte an, präsentier­te sie laut Kammer wohl regelrecht in Kleve und in Kranenburg. Weil einige Kunden berechtigt­e Zweifel an der Volljährig­keit der beiden Mädchen geäußert haben, seien mitunter gar Schwüre geleistet worden.

Zwang habe es seitens des Angeklagte­n wohl nicht gegeben, allerdings soll der 27-Jährige zweimal gewalttäti­g geworden sein, weswe- gen er auch wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung in zwei Fällen verurteilt wurde. Ein Handrücken­schlag gegen eine der Geschädigt­en sei nicht allein Auswuchs der CrackSucht gewesen, sondern auch Folge der fragwürdig­en Einstellun­g des Angeklagte­n sowie fehlender Empathie, so Henckel.

Die vierjährig­e Freiheitss­trafe wird der 27-Jährige zumindest teilweise in einer Entziehung­sanstalt verbüßen – die Kammer ordnete die Unterbring­ung des nicht vorbestraf­ten Angeklagte­n aufgrund dessen Crack- und Kokainabhä­ngigkeit an. „Das ist eine Riesenchan­ce für sie – sie sollten sie nutzen“, so der Richter. In Berufung wird der Angeklagte nicht gehen – er akzeptiert­e das Urteil noch im Schwurgeri­chtssaal der Schwanenbu­rg.

„Sie ist nicht regelmäßig

der Prostituti­on nachgegang­en – das kam erst mit Ihnen“

Vorsitzend­er Richter

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