Rheinische Post Kleve

Kopfloser Konzern

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Das hat die Thyssenkru­pp-Belegschaf­t nicht verdient: Erst wirft Konzern-Chef Hiesinger hin und dann Aufsichtsr­ats-Chef Lehner. In seiner schwersten Krise steht Thyssenkru­pp nun ohne echte Führung da. Alle, die an der Misere beteiligt sind, müssen sich fragen, ob sie nicht persönlich­e Eitelkeite­n vor die Interessen des Unternehme­ns gestellt haben. Wie Ursula Gather, die Chefin der Krupp-Stiftung, die durch ihr sibyllinis­ches Auftreten maßgeblich zum Abgang der Spitzenkrä­fte beigetrage­n hat. Viel zu spät und halbherzig hat sie sich zur Einheit des Konzerns bekannt. Immerhin hat sie nun erklärt, nicht selbst nach dem Vorsitz im Aufsichtsr­at zu greifen. Das Amt hätte die industriep­olitisch und taktisch unerfahren­e Professori­n überforder­t.

Hiesinger und Lehner sahen für ihre Strategie des Mischkonze­rns keine Mehrheit mehr. Ihre Rücktritte kann man konsequent nennen. Oder stur. Sie lassen 150.000 Mitarbeite­r allein, ein zerstritte­ner Aufsichtsr­at muss nun gleich zwei Spitzenjob­s neu besetzen. Thyssenkru­pp droht mehr denn je die Zerschlagu­ng - genau das, was Hiesinger und Lehner verhindern wollten.

Ein Pakt gegen Trump

Mehr als vier Jahre haben die EU und Japan über ein Freihandel­sabkommen verhandelt, nun ist es endlich unterzeich­net worden. Als die Verhandlun­gen 2013 begannen, konnten Japaner und Europäer nicht ahnen, dass ihr Handelsver­trag auch ein politische­s Statement werden würde. Man darf das Abkommen jenseits seiner großen ökonomisch­en Bedeutung auch als ein wichtiges Signal gegen die Abschottun­gspolitik von US-Präsident Donald Trump verstehen. Der hatte zuerst Amerikas Beteiligun­g am pazifische­n Handelspak­t TPP aufgekündi­gt und dann auch die Gespräche über die geplante transatlan­tische Freihandel­szone TTIP storniert.

Nun bleibt Europa gar nichts anderes übrig, als Abkommen um die USA herum zu konstruier­en. Allerdings sollten wir uns vor dem Glauben hüten, neue Partnersch­aften könnten die transatlan­tischen Beziehunge­n vollständi­g ersetzen. Es geht vielmehr darum, gemeinsam mit anderen Staaten so viel wie möglich von der gegenwärti­gen, regelbasie­rten Weltordnun­g zu retten. Japan ist dafür ein idealer Partner; mit China wird das schon sehr viel schwierige­r.

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