Rheinische Post Kleve

Magische Eismacher, durstige Monster

- VON SABINE JANSSEN ILLUSTRATI­ON: DANIELA KUNKEL/ BOJE-VERLAG

Sommer, Sonne und ein Stapel Leseabente­uer. In den neuen Kinderbüch­ern geht es um Eissorten, die mutig machen, Freundscha­ften, die nicht sein dürften, und ein modebewuss­tes, blutrünsti­ges Spielzeug.

Eis macht glücklich. Kinder wissen das. Aber die Eissorten von Ellis Opa Leonardo haben nicht nur seltsame Namen wie Orangamell und Rhabimbeer, sie machen mutig, selbstbewu­sst und albern. Gerade ist die Familie mit den drei Familienhü­hnern umgezogen, da findet die Zehnjährig­e heraus, dass ihr Opa ein magischer Eismacher ist und sie seine Gabe geerbt hat. Doch das Handwerk des „gelatiere magico” will gelernt sein, wie die vorwitzige Elli feststelle­n muss, als sie ihre Schule mit magischem Eis aufmischt. Charmant: das Huhn namens Ente. Drehbuchau­torin Heike Eva Schmidt hat mit „Der zauberhaft­e Eisladen. Vanille, Erdbeer & Magie“diese zuckersüße Geschichte mit schrullig-liebenswer­ten Charaktere­n geschriebe­n. Müsste man eine Eissorte zuordnen: frisches Zitronenei­s.

Sparsamer in Bild und Text, dafür mit geradezu philosophi­schem Tiefgang kommt „Viele Grüße, Deine Giraffe” daher. Die Giraffe langweilt sich in der Savanne. Sie beschließt einen Brief zu schreiben, denn Pelikan hat gerade ebenfalls aus Langweile einen Postdienst eröffnet. Nach einem langen Flug übergibt Pelikan den Brief Pinguin. Der schreibt prompt zurück, hat aber Schwierigk­eiten sich vorzustell­en, was ein Hals ist. Haben Wale und Pinguine einen Hals, und wenn ja, wo fängt er an und hört er auf? Zwischen Pinguin und Giraffe entwickelt sich eine Brieffreun­dschaft über Tierarten und Kontinente hinweg mit herrlich krakeligen Briefen. Jeder versucht sich ein Bild vom Anderen zu machen, was nicht ganz gelingt, aber der Freundscha­ft letztlich nicht im Wege steht. Ein bezaubernd­es Plädoyer für Langweile, Neugier, Briefeschr­eiben und Offenheit gegenüber Fremdem. Nicht zufällig hat es der Briefroman für Leseanfäng­er auf die Nominierun­gsliste des Kinder- und Jugendbuch­preises geschafft.

Um Freundscha­ft geht es auch in der Geschichte von Oliver Scherz. In „Ein Freund wie kein anderer” erzählt er von dem Erdhörnche­n Habbi, das sich gegen alle Verbote mit dem Wolf Yaruk anfreundet. Wäh- rend die Familie Vorräte für den Winter sammelt, jagt Habbi einem schillernd­en Libellenfl­ügel nach und plumpst am Wasserfall, dem Ende der Erdhörnche­n-Welt, ein Geröllfeld hinunter – direkt vor die Füße des ärgsten Fressfeind­es: einem Wolf. Doch der ist verletzt und hilflos. Habbi befreit den murrenden Wolf, der sterben will, weil er verletzt aus Raubtiersi­cht wertlos ist. Doch Habbi hat sich nicht ans Ende der Welt gewagt, um dem Wolf beim Sterben zuzusehen. Beharrlich versorgt er ihn mit Essen, Kräutern, und es entsteht eine Freundscha­ft zwischen den ungleichen 1. Der Räuber Hotzenplot­z und die Mondrakete von Otfried Preußler (Thienemann, 12 Euro) 2. Mein Lotta-Leben. Wenn die Frösche zweimal quaken von Alice Pantermüll­er und Daniela Kohl (Arena, 9,99 Euro) 3. Ein Freund wie kein anderer von Oliver Scherz (Thienemann, 14 Euro) 4. Die Schule der magischen Tiere. Versteiner­t! von Margit Auer (Carlsen, 9,99 Euro) 1. Gregs Tagebuch 12 – Und tschüss! von Jeff Kinney (Baumhaus, 14,99 Euro) 2. Ein Sommer in Sommerby von Kirsten Boie (Oetinger, 14 Euro) 3. Charlottes Traumpferd. Durch dick und dünn von Nele Neuhaus (Planet!, 9,99 Euro) 4. Emil und die Detektive von Erich Kästner (Dressler, 12,99 Euro) Tieren, die das Erdhörnche­n vor seiner Familie geheim halten muss. Mit dem Individual­isten Habbi und dem lebensmüde­n Wolf schafft Scherz eine anrührende Geschichte, gut erzählt, ansprechen­d illustrier­t, ohne Schnicksch­nack.

Alles andere als herzergrei­fend sind „Die schlimmste­n Kinder der Welt” von David Walliams. Der britische Autor mit seinem skurrilen Humor gilt als Nachfolger von Roald Dahl. Aus seiner Feder stammen auch “Gangsta-Oma” und “TerrorTant­chen”. Klamaukig präsentier­t er diesmal zehn kurze Geschichte­n getränkt mit schwarzem Humor und bitterböse­r Moral à la Wilhelm Busch über zehn Katastroph­enKinder, etwa den „sabbernden Sascha”, „Popel-Paul” und die „pupsende Pia”. Gnadenlos überdreht Walliams die Schwächen kleiner und größerer Menschen bis zum widerliche­n oder gruseligen Ende. Dabei spielt der Text mit Schriftart­en und -größen. Tony Ross hat auch zu diesem Walliams-Werk schrecklic­hfröhliche Illustrati­onen produziert. Wer Klamauk mag, wird die „schlimmen Kinder” lieben.

Gegen die Monsterkin­der ist das Wesen aus „Bitte nicht öffnen – Durstig!“geradezu liebenswer­t, auch wenn es einen Schminktic­k hat. Im dritten Band der Reihe „Bitte nicht öffnen” erreicht Nemo wieder ein Paket, wie immer adressiert an: “Niemand. Wo der Pfeffer wächst. Am Arsch der Welt”. Um allem Ärger aus dem Weg zu gehen, gibt Nemo es ungeöffnet zurück. Doch Ärger gibt’s trotzdem: Jemand anders öffnet das Paket, und es wird stockdunke­l in Boring. Nemo, Fred und Oda müssen sich wieder auf die Suche nach einem Monster machen, das wie der Yeti und Schleimi ein lebendig gewordenes Spielzeug ist. Dabei kommt auch diesmal eine witzige Geschichte heraus, untermalt mit schrägen Zeichnunge­n von Fréderic Bertrand. So witzig und charmant, dass man hinterher froh ist, den Buchdeckel geöffnet zu haben.

Kinderbüch­er

Jugendbüch­er

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Zuckersüß: Elli experiment­iert in „Der zauberhaft­e Eisladen“mit magischem Eis.

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