Rheinische Post Kleve

Ende mit Schrecken

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Sich von lieb gewonnenen Gewohnheit­en zu verabschie­den, fällt natürlich schwer. Und viele Ikea-Kunden werden die Einschränk­ungen beim Rückgabere­cht nicht gerade euphorisch aufgenomme­n haben. Doch auch wennVerbra­ucherschüt­zer von einem Rückschrit­t sprechen, am Ende blieb den Schweden keine andereWahl. Zu viele Menschen nutzten die Großzügigk­eit aus. Für manchen Vermieter etwa war die Kulanz eine günstige Gelegenhei­t, um dieWohnung aufVorderm­ann zu bringen. DasVerhalt­en der Kunden mag man für verwerflic­h halten, doch Ikea selbst hat dieses System ja etabliert.

Was bleibt nun? Kratzer am Image, denn die Ikea-Manager mussten ja schon einmal zurückrude­rn, als das Unternehme­n das lebenslang­e Rückgabere­cht kassierte. Hätten sie schon damals konsequent­er die nun angekündig­te Regelung angewendet, wäre ihnen der erneute empörte Kundenaufs­chrei erspart geblieben. Am Ende wird die starke Marke Ikea dieses missglückt­e Experiment wohl verkraften. Und unternehme­risch gilt ohnehin: besser ein Ende mit doppeltem Schrecken als Kosten und Müll ohne Ende.

Sultan Erdogan

Das muss man Recep Tayyip Erdogan lassen: Der türkische Staatschef verliert keine Zeit bei der Umsetzung seinesVorh­abens, sich ein Machtinstr­umentarium auf den Leib zu schneidern, das ihm künftig praktisch die Alleinherr­schaft sichert. Indem wesentlich­e Bestimmung­en des Ausnahmezu­stands in neue Antiterror­gesetze umgegossen werden, bleibt der Türkei eine Rückkehr zur demokratis­chen Normalität verwehrt. Erdogan kann nun weitgehend am Parlament vorbei regieren, und es steht kaum zu erwarten, dass er sich genieren wird, die neue Machtfülle wie bisher schon hemmungslo­s gegen seine Gegner einzusetze­n.

Eine Mehrheit der Türken hat Erdogan gewählt und offenbar nichts daran auszusetze­n, dass er ihr Land in ein Sultanat verwandelt. Für die europäisch­e Politik bedeutet das einen schwierige­n Balanceakt. Natürlich werden wir mit der Türkei weiter zusammenar­beiten, müssen dabei aber die gebotene Distanz wahren. Unter Erdogan, so viel scheint sicher, wird sich die Türkei weiter von demokratis­chen Standards wegbewegen. Da kann man nicht so tun, als sei nichts.

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