Nach außen gehen
Die Kirchen in Deutschland verlieren weiter Mitglieder. Vor allem die im Verhältnis zu den Sterbefällen geringeren Taufzahlen sorgen dafür, dass die Zahl der evangelischen und der katholischen Christen in der Bundesrepublik zurückgeht. Doch noch immer sind die Zahlen ordentlich: 44 Millionen Menschen in Deutschland gehören einer der beiden großen Kirchen an.
Aber das wird nicht so bleiben, wenn die Kirchen nicht aktiver versuchen, das Steuer herumzureißen. Noch sind sie gefragte Partner im gesellschaftlichen Diskurs, etwa wenn es um Flüchtlinge und Menschenrechte oder Fragen von Leben und Tod geht. Als ethisches Gewissen sind sie unersetzbar. Damit das so bleiben kann, müssen die Kirchen in aller Öffentlichkeit dazu einladen, sich mit dem christlichen Glauben auseinanderzusetzen, und zwar mit einer Perspektive, bei der am Ende zumindest die Möglichkeit eines Kircheneintritts steht. Auch wenn es manchen Pfarrer und manches Mitglied eines Presbyteriums oder Pfarrgemeinderats Überwindung kostet: Die Kirchen müssen selbst engagiert auf Außenstehende zugehen.
Italienische Interessen
Da ist sie, die „Kaskade“, die seit Jahren die Szenarien europäischer Migrationspolitik beherrscht: Deutschland droht mit Zurückweisungen, darauf bereitet Österreich verschärfte Kontrollen am Brenner vor, woraufhin Italien einen der letzten gemeinsamen EU-Aktivposten, die Marinemission „Sophia“, ausbremst.
Es läuft nach der Devise „Denkt jeder an sich, ist an alle gedacht.“Dabei ist der italienische Kurswechsel kurzsichtig. Schließlich steht „Sophia“nicht von ungefähr unter italienischer Leitung. Bislang legte Rom großenWert darauf, federführend dabei zu sein, wenn etwas vor der eigenen Haustüre, erst recht zwischen Italien und Libyen, geschieht. Die Attacke auf „Sophia“ist somit ein Torpedo gegen italienische Interessen.
In der Tat ist Italien in der Vergangenheit zu lange mit den Folgen der illegalen Migration allein gelassen worden. Doch inzwischen haben die Europäer den Deutschen diese Rolle übertragen. Die Ungeduld wächst mit den neuen populistischen Bewegungen. Europa muss dieser Entwicklung Rechnung tragen, wenn es zu Lösungen kommen und die Union retten will.