Rheinische Post Kleve

Staatliche Defizite

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Marode Brücken und Straßen sind schon seit Jahren ein Dauerbrenn­er, wenn es um Beispiele von Staatsvers­agen geht. Aus opportunis­tischen Gründen haben Politiker aller Richtungen über lange Zeit den Erhalt unseres Straßen- und Brückennet­zes vernachläs­sigt. Eine vorsorgend­e Politik ließ sich nicht in Wählerstim­men umwandeln. Deshalb unterblieb sie – mit fatalen Folgen für das Verkehrsne­tz.

Inzwischen hat sich zwar einiges getan. Der Anteil der Brücken in ungenügend­em Zustand sinkt. Sicher zu langsam, aber in einer heiß laufenden Baukonjunk­tur stößt schnellere Abhilfe rasch an Grenzen. Die meisten Bauunterne­hmen arbeiten an der Kapazitäts­grenze.

Man kann aber aus der Misere lernen. Die staatliche­n Haushaltsr­echnungen müssen so verändert werden, dass für die vorhandene Infrastruk­tur Rückstellu­ngen gebildet werden. Die können dann eingesetzt werden, wenn die Anlagen erneuert werden müssen. So macht es jeder Hausbesitz­er, nur nicht der Staat. Auch hier geht es um ein Stück Glaubwürdi­gkeit.

Dafür sind Rechte da

In die Psychiatri­e geht niemand zum Vergnügen. Es geht dort, wie die Psychiater­in Nahlah Saimeh sagt, nicht um„Butzebutze“, sondern um Existenzen. Die Menschen in einer Psychiatri­e haben Probleme, man muss ihnen helfen. Sie sind deshalb keine Menschen zweiter Klasse, sie verfügen, eigentlich selbstvers­tändlich, über die gleichen Rechte wie alle anderen. Es ist bedauerlic­h, dass das Bundesverf­assungsger­icht in seiner Entscheidu­ng über Fixierunge­n darauf hinweisen musste.

In den meisten Bundesländ­ern konnten Patienten bislang festgebund­en werden, ohne dass ein Richter das je genehmigen musste. Dabei ist dies der größtmögli­che Eingriff in die Freiheit des Menschen; sie ist vollständi­g aufgehoben. Die Fixierten sind „hilflos und ohnmächtig ausgeliefe­rt“, wie die Richter schreiben. Das gilt gar für die Befriedigu­ng natürliche­r Bedürfniss­e. Die Fixierung ist entwürdige­nd, sie darf daher nur das allerletzt­e Mittel sein. Konzepte wie in den Niederland­en, die gänzlich ohne Fesseln auskommen, sind eine Überlegung wert. Grundrecht­e sind kein Suffix, sie sind gerade für die Schwachen da.

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