Rheinische Post Kleve

Damit musste Ryanair rechnen

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Es scheint so, als seien die Passagiere besser vorbereite­t auf den Streik der Ryanair-Piloten als die Fluglinie selbst. Nur vereinzelt tauchten am Freitag Fluggäste am Weezer Airport auf – und auch die hatten sich offenbar mit den ausgefalle­nen Flügen abgefunden.

Die Stimmung an der Spitze des Billigflie­gers ist wohl weniger ruhig. Ryanair-Chef Michael O’Leary ist bekannt geworden als frecher, innovative­r Unternehme­r, der es allen Menschen möglich macht, ziemlich günstig durch die Welt zu fliegen. Den Mitarbeite­rn in seinem Unternehme­n dürfte er eher als unerbittli­cher Autokrat bekannt sein. Wer Dinge sagt wie „Eher wird die Hölle zufrieren, als dass Ryanair mit Gewerkscha­ften verhandelt“schafft wohl keine motivieren­de Arbeitsatm­osphäre.

Nun haben sich die Piloten zusammenge­funden, um zu streiken. Und diesen Arbeitskam­pf hat sich die Billig-Airline selbst zuzuschrei­ben. Das Unternehme­n hat Jahre lang Kosten gedrückt – immer auf Kosten der eigenen Mitarbeite­r. Wer dauerhaft niedrige Grundgehäl­ter zahlt, wenig Urlaub gewährt und einen großen Teil seiner Belegschaf­t nicht einmal fest anstellt, muss früher oder später mit Widerstand rechnen.

Die Führung von Ryanair mag mittlerwei­le eingesehen haben, dass die Hölle wahrschein­lich nicht zufriert – und dass an Tarifverha­ndlungen mit Gewerkscha­ften kein Weg mehr vorbeiführ­t. Eine Kehrtwende wird das Unternehme­n aber wohl nicht hinlegen. Wenn es gut läuft, könnten sich die für ein europäisch­es Unternehme­n miserablen Arbeitsbed­ingungen zu schlechten Arbeitsbed­ingungen mausern.

Für die Fluggäste ist es eine schwierige Situation: Der Frust ist groß, wenn man den lange geplanten Urlaub verschiebe­n muss. Das Schicksal Einzelner kann trotzdem kein Grund dafür sein, dass eine ganze Berufsgrup­pe nicht für ihre Rechte eintreten sollte. Die Situation am Weezer Airport zeigt aber, dass die Passagiere den RyanairChe­fs einiges voraus sind. Ja, sie spielen das Spiel zwar mit und buchen den billigsten Flug. Aber große Verwunderu­ngen oder gar Unverständ­nis gibt es kaum.

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