Erdogans Geste
Die Entscheidungen der türkischen Justiz über politische Gefangene kommen stets überraschend, ohne Vorankündigung und ohne nachvollziehbare Erklärungen. Dieser Umstand offenbart, dass die Türkei auf rechtsstaatliche Standards keinen Wert mehr legt. Präsident Erdogan ist an seinem Ziel angekommen, die Türkei mit einem autoritären Präsidialregime zu führen. Zugleich ist er in eine Sackgasse geraten: Ein mit Staatsfinanzen erzeugter Bauboom und ein rasch wachsendes Bruttosozialprodukt waren über Jahre eine wichtige Säule seiner Macht. Nun bedroht die Finanzkrise den Wohlstand der Türken und das System Erdogan.
Erdogan ist auf enge Kontakte zu Europa und zu Deutschland angewiesen. Auch Deutschland braucht die Türkei: als Nato-Partner, für das Flüchtlingsabkommen und als Land, das die Konflikte im Nahen Osten fern von Europa hält. Es gibt aber keinen vernünftigen Grund, Erdogan als Präsidenten zu stabilisieren. Die deutsche Regierung sollte der Türkei die Hände ausstrecken und dabei Erdogan unter Druck setzen, Rechtsstaatlichkeit in seinem Land zu schaffen.
Venezuelas Tragödie
Der Sozialismus des 21. Jahrhunderts stürzt Venezuela immer tiefer ins Elend. Diktator Maduro hat die schon vor seinem Amtsantritt schwer angeschlagene Wirtschaft ruiniert und aus dem Land mit den höchsten Erdölvorkommen das Armenhaus Lateinamerikas gemacht. Eine Tragödie.
Und ein Treppenwitz der Wirtschaftsgeschichte: Niemand hat so viel Öl wie Venezuela, aber Benzin muss importiert werden, weil die Produktion brach liegt. Venezuela braucht Devisen, braucht Industrie, die das Land unabhängiger vom Öl macht. Gleichzeitig könnte das Öl immer noch die sicherste Einnahmequelle sein, und deshalb muss auch diese Branche wiederbelebt werden. Und der Internationale Währungsfonds könnte mit Krediten helfen.
All dies bleibt aberWunschdenken. Stattdessen richtet Maduro mit irrwitziger Geldpolitik immer größeres Chaos an. Die einzige Hoffnung bleiben die Nachbarländer, die den Despoten in Caracas zur Räson bringen könnten. Stattdessen hat Brasilien Soldaten an die Grenze geschickt. Venezuela steht vor dem Ruin, und offenbar kann nur der Maduro vertreiben.