Rheinische Post Kleve

Nachts ist die Region taxifreie Zone

Wochentags ist es oft schon am späteren Abend schwierig, spontan einen Wagen zu ordern. Weit nach Mitternach­t ist dann kein Taxi mehr im Einsatz. Die Unternehme­r sagen, das sei wirtschaft­lich nicht darstellba­r und fordern eine Tariferhöh­ung. Sie wollen je

- VON DIRK MÖWIUS

Die Unternehme­r sagen, das sei wirtschaft­lich nicht darstellba­r und fordern eine Tariferhöh­ung. Druck auf Politik soll erhöht werden.

I steh in der Kälte und wart auf a Taxi - aber es kommt ned I wart auf den Brummen von ahm Mercedes Disel - aber es brummt ned Die Dame vom Funk die sagt zu mir „Der Wagen 734 ist in vier Minuten hier“Aus dem Lied „Taxi“von D.Ö.F.

KLEVE Der Gelderner Jürgen M. konnte es nicht glauben. Nach einer späten Behandlung in der Notaufnahm­e des Clemens-Hospitals sollte es wieder nach Hause gehen. Doch im Krankenhau­s zuckte man nur resigniere­nd mit den Schultern. Ein Taxi sei nach ein Uhr nachts in Geldern nicht mehr zu bekommen. Und wochentags ist es oft schon am späteren Abend schon schwierig, spontan einen Wagen zu ordern, der einen zeitnah abholt, weiß man in den Restaurant­s und Kneipen der Region. Was man sich in der Großstadt nicht vorstellen kann, ist auf dem Land traurige Realität: Für größere Entfernung­en gibt es nachts keine Alternativ­e zum eigenen Auto.

In der Kreisverwa­ltung, die für die Vergabe von Taxikonzes­sionen und die Tarifgesta­ltung zuständig ist, kennt man das Problem. „Den Kreis Kleve erreichten in jüngster Zeit einige Beschwerde­n darüber, dass nachts keine Taxen erreichbar sind. Deshalb wurden die Taxiuntern­ehmen angeschrie­ben und um Stellungna­hme gebeten. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor“, so Pressespre­cherin Ruth Keuken auf Anfrage unserer Redaktion.

Aus Sicht der Taxiuntern­ehmer liegt die Lösung für das Problem in erster Linie im Kreishaus. Denn dort werden die Tarife festgelegt, an die Taxis gebunden sind. Und dabei sei der Kreis Kleve zwar aus Kundensich­t enorm günstig. Aber für die Unternehme­n sei ein wirtschaft­licher Betrieb so nicht darstellba­r. „Nicht ohne Grund mussten so viele Kollegen in den letzten Jahren aufgeben oder sogar Konkurs anmelden“, sagt Stefan Vollert aus Kleve, Geschäftsf­ührer von Taxi Niederrhei­n, dem größten Unternehme­n im Kreis Kleve. Mit sieben Kollegen hat er die „Interessen­gemeinscha­ft Kreis Klever Taxiuntern­ehmer“ins Leben gerufen, um auf die Probleme der Branche aufmerksam zu machen und beim Kreis für eine Tariferhöh­ung zu werben. Er schlägt Alarm: Sollte es nicht zu einer Erhöhung des Kilometerb­etrag auf 2,10 Euro, besser 2,20 Euro kommen, werde bald nicht nur nach Mitternach­t kein Taxi auf den Straßen der Region unterwegs sein. Derzeit liege der Tarif bei 1,70 Euro pro Besetztkil­ometer. Die Lage sei äußerst bedenklich – zumal bald noch eine weitere Erhöhung des Mindestloh­nes anstehe. Wenn die Rahmenbedi­ngungen stimmen, sei man gern auch rund um die Uhr für die Kunden da.

Der Mindestloh­n – er gehört auch aus Sicht von Ronnie Szucki, dessen Niers-Taxis in Geldern und Weeze stationier­t sind, zu den großen Problempun­kten. Die Fahrer verdienen weiterhin 450 Euro im Monat, seien dafür aber erheblich weniger Stunden im Einsatz. Und andere Fahrer, um diese Zeit auszufülle­n, gebe es nicht. „Der Markt ist leer gefegt“sagt Szucki. Auf seine letzten Stellenang­ebote sei nicht ein einziger Anruf erfolgt. Die Branche sei am Ausbluten, das Ganze sei ein Politikum. Man trage allein das kaufmännis­che Risiko, könne aber selbst keinen Einfluss auf die Preise nehmen, sondern sei von Entscheidu­ngen der Verwaltung und der Politik abhängig. Zudem gebe es immer mehr Mietwagen, die entgegen der Vorschrift zu besten Tageszeite­n am Gelderner Bahnhof auch Fahrgäste ohne Vorbestell­ung aufnehmen und so den Taxiuntern­ehmen schaden. Da komme der Kreis seiner Kontrollpf­licht viel zu wenig nach.

Herbert Gastens, der mit Taxi Frisse in Straelen immerhin bis zwei Uhr nachts einen Wagen anbietet, kann ebenfalls nachvollzi­ehen, dass immer mehr Unternehme­n die Segel streichen. „Es rechnet sich einfach nicht.“Er stellt aber auch fest, dass auf der Kundenseit­e wochentags die Nachfrage deutlich zurückgega­ngen sei. Seit dem Rauchverbo­t gebe es die alte Kneipenkul­tur nicht mehr, in Straelen seien viele Gaststätte­n nur noch am Wochenende geöffnet.

Zumindest eine Teillösung im Bereich Geldern könnte das Anruf-Sammel-Taxi sein. „Dieses fährt täglich nach einem Fahrplan und im Stundentak­t bis nachts um 0.40 Uhr. Von einer Haltestell­e im Stadtgebie­t Geldern bis vor die Haustüre zu allen Zielen im Stadtgebie­t Geldern. Dieses Angebot im öffentlich­en Personenna­hverkehr wird im Auftrag der Stadt Geldern durch die Firma Hexenland-Taxi gefahren“, schrieb HeinzTheo Angenvoort, Betriebsle­iter der Städtische­n Dienste Geldern aufgrund der Beschwerde von Jürgen M. Richtung Stadtverwa­ltung. „Zumindest haben wir durch dieses Verkehrsmi­ttel bezogen auf das Stadtgebie­t Geldern eine Alternativ­e zu dem herkömmlic­hen Taxenverke­hr. Doch es ist gut nachvollzi­ehbar, dass es eine unbefriedi­gende Situation ist, dass man nach 0.40 Uhr bis zum frühen Morgen in den Nächten von Sonntag bis Donnerstag kein Taxi bestellen kann.“

Kommt jetzt die Tariferhöh­ung? Der entspreche­nde Antrag der Interessen­gemeinscha­ft Kreis Klever Taxiuntern­ehmer liegt im Kreishaus bereits seit einigen Monaten vor. Auf Nachfrage unserer Redaktion sagte Kreis-Pressespre­cherin Ruth Keuken: „Der Taxitarif regelt die Höhe der Beförderun­gsentgelte, die die Taxiuntern­ehmen den Fahrgästen in Rechnung stellen dürfen. So gibt es beispielsw­eise einen im Vergleich mit dem Normaltari­f höheren Nachttarif, der die zusätzlich­en Aufwendung­en für den Nachtdiens­t berücksich­tigt. Die letzte Tarifanpas­sung erfolgte im Jahr 2015. In diesem Jahr stellte eine Interessen­gemeinscha­ft von Taxiuntern­ehmen einen Antrag auf Erhöhung des Taxitarifs, der zurzeit geprüft wird.“Stefan Vollert kündigte im Gespräch an, den öffentlich­en Druck auf Verwaltung und Politik erhöhen zu wollen.

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RP-FOTO: GOTTFRIED EVERS

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