Rheinische Post Kleve

Ein neuer Geist wehte in der Kirche

Die Sing- und Spielschar Nütterden feiert ihr 50-jähriges Bestehen. Das Goldjubilä­um wird auch mit allen Ehemaligen Ende September begangen. Anmeldunge­n sind möglich. Ein Höhepunkt war der Besuch des Papstes.

- VON CHRISTIAN BREUER

KRANENBURG-NÜTTERDEN Diesen Moment am 1. Januar 1984 wird Karlheinz Breuer wohl nie vergessen: Mit der Sing- und Spielschar aus Nütterden war er in Rom, an Neujahr hatte die Gruppe die Gelegenhei­t, im Petersdom zu singen. Da kam plötzlich Kardinal-Staatssekr­etär Agostino Casaroli zu der Gruppe und bat sie, ihm zu folgen. Er führte sie direkt zu Papst Johannes Paul II., der die Musik der Niederrhei­ner aus der Ferne gehört hatte und neugierig geworden war. Breuer lächelt in Erinnerung an das Treffen: „Wir haben unter anderem das Halleluja

aus Taizé für den Papst gesungen, das war schon interessan­t.“

Die Begegnung mit dem Papst ist nur eine von unzähligen Episoden, die Breuer in den vergangene­n 50 Jahren mit der Sing- und Spielschar erlebt hat. Im Gründungsj­ahr 1968 wehte ein neuer Geist in der Kirche. Das Zweite Vatikanisc­he Konzil war gerade erst vorbei und hatte für Aufbruchst­immung gesorgt.

„In Duisburg wurde geistliche Rockmusik gespielt“, erinnert sich Breuer, „hier in der Umgebung war Materborn die erste Pfarrei mit einem Jugendchor. Das war der Anstoß.“Breuer, damals Lehrer, stellte eine Musikgrupp­e zusammen, 22 Sängerinne­n und Sänger sowie vier Gitarriste­n.

„Wir brauchten neue Lieder in der Kirche“, erinnert sich der heute 80-jährige Breuer zurück. Und dann ging es schnell: Nachdem die Gruppe zum ersten Mal erfolgreic­h einen Gottesdien­st begleitet hatte, kamen schon die nächsten Anfragen. Bald war die Zahl der Mitglieder auf 79 angewachse­n, „plötzlich kamen Jugendlich­e in die Kirche und interessie­rten sich für die Musik“, sagt Breuer und lächelt. Der Erfolg kam nicht überall gut an. Am Anfang, erzählt der Gruppengrü­nder, gab es scharfe Kritik. Da waren die „Traditiona­listen“, die den Weg des Konzils nicht mitgehen wollten und sich gegen eine Modernisie­rung in der Kirche stemmten. Da waren aber auch andere, etablierte Chöre, deren Sänger zum Teil in die Singund Spielschar wechseln wollten. Die Gruppe war schon bald über die Ortsgrenze­n hinaus bekannt, an jedem Wochenende wurde gesungen, manchmal sogar mehrmals. Gefängnis, Krankenhau­s und Altenheime standen schon bald fest im Terminkale­nder. Bei den Gottesdien­sten galt jedoch schon immer ein Kerngedank­e: „Wir wollen kein Konzert geben, sondern mit der Gemeinde singen“, betont Breuer. An diesem Grundsatz hat sich bis heute nichts geändert.

Für einen weiteren Bekannthei­tsschub sorgte ein Auftritt in der Grenzlandh­alle in Kranenburg. Der „Abend am Niederrhei­n“wurde im WDR übertragen, nun gab es immer wieder die Frage, ob es die Musik nicht auch „zum Mitnehmen“gebe. So kam die erste Schallplat­te auf den Markt – drei weitere sollten noch folgen. Nicht fehlen durfte das Lied „Er hält die ganze Welt in seiner Hand“, es war im Laufe der Jahre zum Erkennungs­zeichen der Singund Spielschar geworden – und wird auch heute noch bei jedem Auftritt gesungen.

Dafür ist allerdings nicht mehr Karlheinz Breuer verantwort­lich. Er hat den Taktstock des Dirigenten an seinen Sohn Eckhard weitergebe­n. Der 53-Jährige ist seit mittlerwei­le 25 Jahren für die Sing- und Spielschar verantwort­lich. „In den 1990er-Jahren verschwand mehr und mehr die Kontinuitä­t und die Einsätze wurden zurückgefa­hren“, berichtet er.

Seither hat sich jedoch ein fester Stamm von Sängerinne­rn und Sängern etabliert, anders als zu den Anfängen gibt es jedoch keine jugendlich­en Mitglieder mehr. „Die Jüngsten sind aktuell um die 40 Jahre alt“, sagt Eckhard Breuer. Besonderer Wert wird inzwischen auf Vielstimmi­gkeit gelegt, die Instrument­e spielen nur noch eine Nebenrolle.

Doch noch immer gehören die Lieder aus den Anfangsjah­ren zur Chorlitera­tur. Karlheinz Breuer lächelt: „Die Lieder, die wir schon vor 30 oder 40 Jahren gesungen haben, stehen jetzt im Gotteslob. Es ist schön, dass es diese Bewegung noch immer gibt.“

Gefeiert wird der runde Geburtstag mit möglichst allen aktiven und ehemaligen Mitglieder­n der Singund Spielschar am Samstag, 29. September, ab 14.30 Uhr.

Anmeldunge­n sind unter der Mailadress­e singsundsp­ielschar50@ yahoo.com oder direkt bei Eckhard Breuer möglich.

„Wir haben unter anderem das Halleluja für den Papst gesungen“Karl-Heinz Breuer Früherer Dirigent

 ?? ARCHIVFOTO: SING- UND SPIELSCHAR ?? Das historisch­e Foto aus dem Jahr 1972 zeigt die Sing- und Spielschar bei einem ihrer Auftritte in Kranenburg.
ARCHIVFOTO: SING- UND SPIELSCHAR Das historisch­e Foto aus dem Jahr 1972 zeigt die Sing- und Spielschar bei einem ihrer Auftritte in Kranenburg.
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FOTO: CHRISTIAN BREUER Eckhard Breuer hat die Leitung der Sing- und Spielschar von seinem Vater Karlheinz übernommen.

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