Rheinische Post Kleve

Wenn der Rasen an den Schuhen klebt

In Düsseldorf sind derzeit drei Kunstrasen-Anlagen gesperrt – vermutlich wegen Hitzenachw­irkungen. Betroffen ist nur eine bestimmte Bauart. Sanierunge­n sind aber auch wetterunab­hängig irgendwann notwendig.

- VON MARC LATSCH UND TINO HERMANNS

DÜSSELDORF Die Hitzewelle dieses Sommers ist überstande­n, da machen sich Auswirkung­en auf den Fußball bemerkbar. Beim Oberligist­en SC West aus Düsseldorf ist der Kunstrasen gesperrt, weil das Granulat wie Teer an den Schuhen klebt.

„Vermutlich wegen der großen Hitze und des Drucks der Fußballsch­uhe verklumpt das Granulat und bleibt an den Schuhen haften“, sagt der Vereinsvor­sitzende Manfred Weisner. Der SC West ist nicht der einzige Klub mit derartigen Problemen. In Hilden musste bereits vor zwei Wochen ein Vorbereitu­ngsspiel abgebroche­n werden. Dem Schiedsric­hter war die Verletzung­sgefahr angesichts des „verklumpte­n und stumpfen Untergrund­s“zu hoch. Auch in Wuppertal und Münster waren Plätze zeitweise unbespielb­ar.

„Es ist sehr ungewöhnli­ch, dass wegen der Hitze Kunstrasen gesperrt werden müssen“, sagt Kai Weber-Gemmel. Er ist Verkaufsle­iter Deutschlan­d bei Fieldturf, dem nach eigenen Angaben Weltmarktf­ührer für Kunstrasen­systeme. „Probleme dürfte es, wenn überhaupt, nur mit Plätzen geben, bei denen schwarzes Granulat verwendet wurde. Das kann sich leicht schon einmal auf 50 Grad erhitzen.“

Den einen Kunstrasen-Typ gibt es nämlich nicht. Die Plätze lassen sich grob in vier Generation­en unterteile­n. Die erste Generation entstand in den 1960er-Jahren und war „unverfüllt“. Zwischen den künstliche­n Grashalmen gab es also keinerlei weiteren Belag. Wegen des harten Bodens war das Verletzung­srisiko bei diesen Modellen sehr hoch. In der zweiten Generation half man sich dagegen mit Sand. Die Plätze blieben sehr pflegeinte­nsiv.

Die nun auftretend­en Probleme betreffen die Plätze der dritten Generation. Hier wurde erstmals neben der Sand- auch mit einer Gummigranu­latverfüll­ung gearbeitet. Erstmals wurden die Plätze auch vom Fußballwel­tverband Fifa zertifizie­rt. Die Plätze gelten als sehr belastbar und sollen ein gutes Spielgefüh­l vermitteln. Mittlerwei­le gibt es eine vierte Generation, die dem Naturrasen noch näher kommen soll.

Bei den Kunstrasen der dritten Generation existieren wiederum unterschie­dliche Füllungsop­tionen. „Wir verwenden in der Regel TPE-Granulate und Kalkgranul­ate. Die heizen sich nicht so sehr auf“, sagt Weber-Gremmel. Aber auch das schwarze Granulat sollte den Temperatur­en eigentlich standhalte­n. „Gerade in den Vereinigte­n Staaten wird eher das schwarze Granulat genutzt. Da sind die Plätze oft ganz anderen Temperatur­en ausgesetzt.“

Eine Ursache der Sperrungen ist

daher wohl auch schlicht im Alter der betroffene­n Sportanlag­en zu suchen. „Düsseldorf hat sehr viele Kunstrasen­plätze. Dieses Problem taucht nur bei denjenigen auf, die vor zwölf bis 14 Jahren gebaut wurden und dann auch nicht bei allen“, sagt Sportamtsl­eiter Pascal Heithorn. Die Lebensdaue­r eines Kunstrasen­platzes wird von den Anbietern in der Regel mit zwölf bis 15 Jahren angegeben. Eine Sanierung ist nach dieser Zeit also keine Überraschu­ng. Die Garantie bei Fieldturf endet nach maximal acht Jahren.

Dass auch ohne direkte Hitzeauswi­rkungen Kunstrasen­plätze erneuert werden müssen, zeigt der Blick nach Bonn. Dort steht derzeit die Sanierung der Anlagen am Brüser Berg und in Ippendorf an. Beide hatten noch nicht die erwartete Lebensdaue­r erreicht. Sie sind erst 2007 und 2011 eröffnet worden.

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Der SC West aus Düsseldorf hat kein Spielfeld mehr. Das Granulat des Kunstrasen­s ist durch die lange Hitzeperio­de geschmolze­n.

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