Dünne Stimme, viel Meinung
Marius Müller-Westernhagen trägt einen hellen Cowboy-Hut. Vorne auf der Bühne sitzt er und grollt zu einer Country-Rock-Mischung. Seine Frau Lindiwe hat einen Auftritt im weiß-glitzernden Cowboykleidchen. Sie singt „Luft um zu atmen“, und Westernhagen ärgert sich, weil er den Song nicht selbst komponiert hat. Neben ihr hört man ihm die 69 Jahre an, seine Stimme füllt nur selten die Halle. Das stört die Fans nicht, sie wissen ja, was er singt. Schon bei „Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“stehen sie auf. Das liegt auch an der Band, die das Unplugged-Konzert begleitet. Anspruchsvolle Gitarren, jazziges Saxofon und gefühlvolle Geigen – die Band hat viele Glanz-Momente und lässt Westernhagens dünne Stimme fast vergessen.
Seine Witze sind gut, wenn er sich selbst auf die Schippe nimmt. Etwa bei einem „älteren Lied“, das man kenne, wenn man „auch den Ersten Weltkrieg mitgekriegt“hat. „No collusion“ruft er von der Bühne, eine Spitze gegen Trump. Leider ist das nicht sie einzige politische Äußerung für den Abend. Westernhagen schweift ab. Diktatur, Freiheit, Demokratie, alles bedenkt er mit seiner Meinung. Seine Wahlaufforderung wird bejubelt, aber der Jubel ist müde, nicht so frenetisch wie bei „Sexy“oder „Johnny Walker“und „Freiheit“.
Nach der fünften Zugabe ist Schluss. Das Publikum hat gekriegt, was es wollte: den Mann auf der Bühne. Es fühlt sich nicht an, als wollte Westernhagen bald die Gitarre zur Seite legen. cg