Rheinische Post Kleve

China ist Gastland bei der Tanzmesse im Rheinland

- VON MARION MEYER

DÜSSELDORF Tanz ist eine globale Sprache, und so wundert es nicht, wenn an diesem Abend im Tanzhaus NRW alle möglichen Sprachen versammelt sind. Auch viele Chinesen sind zur Eröffnung der Internatio­nalen Tanzmesse gekommen. Kein Zufall: China ist in diesem Jahr Gastland der Messe. Zum ersten Mal hat der Branchentr­eff die Tanzszene eines Landes eingeladen, sich zu präsentier­en. Das ist eine der Neuerungen, die Dieter Jaenicke zum Start seiner künstleris­chen Leitung eingeführt hat. In einer politische­n Rede appelliert­e er, einen Künstler nicht für das politische System seines Landes verantwort­lich zu machen.

„Die Tanzmesse ist ein Fenster zur Welt“, sagte Ursula Sinnreich, Generalsek­retärin der Kunststift­ung NRW, die es durch ihre Förderung in diesem Jahr ermöglicht hat, Künstler aus Afrika und Südamerika einzuladen. Gerade in Zeiten zunehmend nationalis­tischen Denkens sei es wichtig, kulturelle Bindungen zu schaffen, betonte Oberbürger­meister Thomas Geisel. Bis Samstag noch versammeln sich 2000 Teilnehmer aus 40 Ländern und präsentier­en an 120 Ständen im NRW-Forum ihre Compagnien. In Düsseldorf, Leverkusen und Krefeld findet dazu ein umfangreic­hes Tanzprogra­mm statt, das sich an alle Interessie­rten richtet.

China als Gastland ist mit zahlreiche­n Produktion­en vertreten. Das Cloud Gate Theatre, das Tao Dance Theater und die Guangdong Modern Dance Company gehören zu den internatio­nal erfolgreic­hen Aushängesc­hildern des modernen Tanzes in China. Das Tao Dance Theatre präsentier­te zum Auftakt die beiden Werke „6“und „7“seines Gründers Tao Ye, der jeweils mit der genannten Zahl an Tänzern einen fast schon meditative­n Doppelaben­d gestaltet.

Zunächst fast im Dunkeln stehen die schwarz gekleidete­n Tänzer in einer diagonalen Reihe. Nur Lichtrefle­xe beleuchten Teile des schwingend­en Körper. Während die Füße fest im Boden verankert scheinen, schwingen die Körper um die eigene Achse. Köpfe, Schultern und Hüften kreisen, biegen sich nach rechts und links, alle beeindruck­end synchron. Die Hände halten dabei immer die Röcke gerafft, so dass die Arme passiv bleiben. Die wummernde Soundcolla­ge von Xiao He treibt die Körper dabei in einem sich steigernde­n Rhythmus stetig an.

Im zweiten Teil folgt das Gegenstück. Alle sind weiß gekleidet, die Bühne ist hell. Wieder schwingen sich die Tänzer um die eigene Achse. Die Musik steuern sie durch ihr Summen selbst bei. Die beiden Stücke wirken wie zwei Seiten einer Medaille, Hell und Dunkel, Yin und Yang. Im Zentrum steht die Wirbelsäul­e, die beide Hälften eines Körpers zusammenhä­lt.

Zuvor zeigte Ben J. Riepe im Balletthau­s sein Stück „Carne Vale“, eine kurze, intensive Reflexion des menschlich­en Körpers und seiner Genese vom Tier zum Menschen. Vier häufig nackte Männer bekämpfen sich, vereinen sich, machen Musik auf Papprollen, bewaffnen sich und wirken befreit, als sie den ganzen Zivilisati­onskrempel wieder abwerfen. Ein dichtes, kluges Werk, das beweist, dass Düsseldorf im internatio­nalen Tanzgesche­hen kräftig mitmischt.

Internatio­nale Tanzmesse noch bis 1. September, www.tanzmesse.com

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