Kfz-Steuer für neue Wagen oft viel höher
Ab Samstag werden nur Wagen neu zugelassen, die nach der Norm WLPT getestet sind. Das führt zu Wartezeiten und mehr Steuern.
DÜSSELDORF Für die Käufer von Neuwagen gibt es ab Samstag eine gute und zwei schlechte Nachrichten. Die gute zuerst: Weil nur noch Neuwagen zugelassen werden, deren Schadstoffausstoß mit dem neuen Standard WLTP getestet wurde, ist die Umweltschädlichkeit des Autos korrekt festgehalten – die Zeit des unzuverlässigen NEFZ-Standards gehört der Vergangenheit an.
Nun die schlechten Nachrichten: Weil die neuen Werte fast immer deutlich höher liegen als beim bisherigen Messverfahren, müssen die Käufer mehr Kfz-Steuern zahlen – nach Berechnung des ADAC bis zu 74 Prozent beispielsweise bei einem Peugeot 508 1,6 Pure Tech 180. Und weil viele Hersteller ihre vielen Modellvarianten nicht schnell genug testen lassen konnten, fehlt vielen Dutzend Autotypen aktuell die Zulassung.
Im Detail: Neun der 30 meistverkauften Modelle in Deutschland sind nicht oder nur teilweise lieferbar. Das ergibt eine neue Studie des Zentrums für Automobilforschung (Car-Center) an der Universität Essen-Duisburg, die der Öffentlichkeit am Freitag vorgestellt werden soll und die unserer Redaktion bereits vorliegt. „Bei Audi, Seat, Skoda und VW treten teils massive Einschränkungen auf“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Car-Center, „wogegen wir bei BMW, Ford, Opel, Peugeot, Renault und Smart bei den meistverkauften Wagen keine Liefer-Einschränkungen sehen.“
Etwas Entwarnung gibt Thomas Zahn, Vertriebschef Deutschland für VW: Für den Golf sowie den Stadtgeländewagen Tiguan erwarte er in den „nächsten Tagen und Wochen“für eine Reihe an Varianten die Freigabe, bis Ende September dann weitere, in drei Monaten seien aber erst alle Autos wieder lieferbar, sagte er am Donnerstag. Bestellbar seien aber alle Wagen.
Die Umstellung auf WLTP hat dabei dramatische Folgen für Industrie, Kunden und Staat. VW musste 200.000 bis 250.000 noch nicht getestete Autos unter anderem am künftigen Hauptstadtflughafen BER zwischen parken, bis endlich die Prüfung durch ist.
Um den Verkaufsstau abzumildern, hat der Konzern viele Autos mit Tageszulassungen oder als Verkauf an Firmen oder Leasingunternehmen in den Markt gedrückt – so wurden bei Seat und Skoda im Juli bis zu 32 Prozent der Autos vom Unternehmen selbst zugelassen, um sie dann weiter zu verkaufen. Und bei Audi und VW wurden jeweils rund 40 Prozent der Wagen an Vermieter oder Firmen weitergegeben. „Gerade die Tageszulassungen haben nun einen kleinen Vorrat an direkt lieferfähigen Wagen mit aufgebaut“, sagt Dudenhöffer, „Kunden können sich solche Autos wegen der möglichen Steuerersparnis gegenüber einem Modell mit WLTP-Zulassung anschauen.“
Was bedeutet dies? Je größer der Unterschied zwischen alten und neuen Messwerten ist, umso größer ist der Preisunterschied bei der Kfz-Steuer. So kostet beim VW Up GTI die Kfz-Steuer im alten System pro Jahr 50 Euro, im neuen System sind es 86 Euro. 52 Euro Zuschlag auf künftig 156 Euro im Jahr kostet die neue Testwelt die Käufer des BMW 218i Active Tourer Sport L.
Insgesamt werden die Verbrauchswerte für Hunderte Modelle erfasst, jede Getriebe-Motor-Kombination und viele Zubehörvarianten werden getestet – sehr oft ist der neue Wert noch nicht bekannt. „20 Prozent Aufschlag werden im Schnitt erwartet“, sagt Dudenhöffer, „der Staat könnte so auf Dauer 2,5 Milliarden Euro mehr im Jahr einnehmen.“
Logischerweise stößt diese Steuererhöhung durch die Hintertür auf Protest. „Das sind pro Auto keine großen Beträge, aber für viele ist das dennoch ärgerlich“, sagt Isabel Klocke, Abteilungsleiterin beim Bund der Steuerzahler. Sie rät dazu, sich vor dem Kauf eines Neuwagens Hubraum und zu erwartende Kfz-Steuer vorlegen zu lassen.
Auch Heinz-Gerd Lehmann, Technik-Experte vom ADAC Nordrhein in Köln, ist wenig begeistert: „Die Situation ist kurios. Obwohl die Modelle technisch identisch sind und nur neu gemessen wurden, zahlt der, der sein Auto ab September zulässt, mehr Kfz-Steuer als der Altbesitzer. Das ist nicht gerechtfertigt, weil der Mehrbelastung keine höheren Emmissionen entgegenstehen.“
In einem Jahr will die Bundesregierung Bilanz ziehen, welche Folgen die Umstellung auf den WLTP-Standard hatte. ADAC-Experte Lehmann hat schon klare Vorstellungen, was dann passieren muss: Die Kfz-Steuer müsste in ihrer Höhe so angepasst werden, dass sie dem Staat so viel Geld in der Summe einbringt wie bisher – also rund neun Milliarden Euro im Jahr. Lehmann: „Es muss ein Umstellungsfaktor einbezogen werden. Damit könnten die Autofahrer entlastet werden.“