Rheinische Post Kleve

Im Dschungel der Stadt

Regisseur Detlev Buck will in „Asphaltgor­illas“eine dunkle Geschichte vom Kiez erzählen. Das wirkt ein bisschen bemüht.

- VON MARTIN SCHWICKERT

Nach vier Folgen „Bibi & Tina“will Detlev Buck nun in seinem neuen Film „Asphaltgor­illas“mit aller Macht beweisen, dass das Leben für ihn kein Ponyhof mehr ist. Dafür begibt er sich tief in den Kreuzberge­r Kiez, der hier gleich zu Beginn des Filmes unter dem Einsatz von Regenmasch­inen und neonbunten Leuchtmitt­eln als knallige Film-Noir-Kulisse erstrahlt. Melancholi­sch in die Hofeinfahr­t gelehnt raucht hier Adris (Samuel Schneider) seinen Joint. Als zwei Männer sich Adris in die coole Braut, deren entschiede­nes Auftreten seinem zögernden Dasein ein Ende bereitet. Zum anderen läuft Adris seinem Freund aus Kindertage­n Frankie ( Jannis Niewöhner), mit dem er schon in jungen Jahren als Hütchenspi­eler das Taschengel­d aufgebesse­rt hat, direkt vor den Lamborghin­i.

Frankie macht auf SelfmadeMa­nn, dabei hängt er am finanziell­en Tropf der russischen Oligarchen­tochter Oxana (Stefanie Giesinger). Von deren Papa will er sich 200.000 Euro leihen, um sie bei der asiatische­n Mafia in Warschau gegen eine große Tasche Falschgeld einzutausc­hen. Er zieht Adris in den Deal hinein und natürlich geht hier alles schief, was nur schief gehen kann.

Als Vorlage für „Asphaltgor­illas“diente Detlev Buck die Kurzgeschi­chte „Der Schlüssel“von Ferdinand von Schirach, dessen Erzählbänd­e „Verbrechen“und „Schuld“ gerade auch fürs Fernsehen verfilmt wurden. Aber Buck nimmt sich im Umgang mit dem Stoff alle künstleris­chen Freiheiten. Der kühle, juristisch­e Erzählton weicht einer knalligen Gangsterfi­lm-Attitüde und die knappe Story wird zu einem ausschweif­enden Genre-Groteske ausgebaut.

Von einem schlüsself­ressenden Dobermann namens Platon über minderbemi­ttelte Kiezrapper mit Reihenhaus und Müslibraut und Pingpong spielende Mafia-Bosse bis zur mongolisch­en Profi-Killerin versammelt Buck ein schrilles, kriminelle­s Völkchen auf der Leinwand, das die Handlung wie eine Flipperkug­el umherschie­ßt. Aber schon bald setzen all die super-schrägen Typen mit ihren super-coolen Sprüchen in dem super-grellen Ambiente erhebliche Ermüdungse­rscheinung­en frei. Während die Handlung stolz von einer desaströse­n Verwicklun­g in die nächste stolpert, Schläger-

und Schießerei­en fein stilisiert in Szene gesetzt werden und Rapper wie SXTN, SSIO oder Capital Bra sich in Cameo-Auftritten die Klinke in die Hand geben, wird einem der Verlauf der Geschichte und das Schicksal der Figuren zunehmend egal.

Samuel Schneider bleicht als anfangs sympathisc­her Antiheld langsam aus. Jannis Niewöhner, der hier unkontroll­iert von der Leine gelassen wird, nervt durch vermeintli­ch ironisches Overacting. Einzig Ella Rumpf („Tiger Girl“) gelingt es als lässig-moderne Femme fatale die Spannung ihrer Figur bis zum Ende zu halten. Für Detlev Buck mag „Asphaltgor­illas“nach vier Jahren Ponyhof ein Befreiungs­schlag sein, aber auf der Leinwand verblasst das grelle Genrespekt­akel zusehends zur leeren Pose.

Deutschlan­d 2018 – Regie: Detlev Buck, mit Samuel Schneider, Jannis Niewöhner, Ella Rumpf, 103 Min.

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FOTO: DPA Die Gangster sind ein bisschen müde: Samuel Schneider und Ella Rumpf in „Asphaltgor­illas“.

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