Auf Sand gebaut
Die deutschen Meisterschaften im Beachvolleyball locken zigtausend Fans an den Timmendorfer Strand. Auch neun Düsseldorfer baggern dort um die Titel, denn der Verein Tusa 06 wird mehr und mehr zur Heimat der Topathleten.
DÜSSELDORF Klischees kleben an Beachvolleyballern wie Sandkörner am schweißnassen Körper. Wer an Beachvolleyball denkt, hat Sonne, Sand und Meer im Sinn. Der denkt an Bauchmuskeln und Sonnenbrillen. Vom Urlaubsflair à la Copacabana ist Deutschland prinzipiell eher weit entfernt. Trotzdem herrscht hierzulande eine erstaunliche Faszination für den Sport. 8,52 Millionen TV-Zuschauer sahen den Olympia-Sieg 2016 von Laura Ludwig und Kira Walkenhorst in Rio. Mehr als 73.000 Menschen zog jüngst das World-Tour-Finale in Hamburg an. Zur Premiere der „Techniker Beach Tour“in Düsseldorf kamen Ende Juni 28.000 Zuschauer.
Beachvolleyball ist eine Art Wanderzirkus des Sports. Felder werden aufgebaut, die Spiele begeistern, und dann ziehen alle wieder von dannen, hinterlassen allenfalls Sandkörner. In Düsseldorf aber ist die Sportart sesshaft geworden.
In der Landeshauptstadt hat man das Potenzial des trendigen Sports erkannt. Düsseldorf schickt sich an, eine deutsche Beachvolleyball-Hochburg zu werden. 2017 wurden gleich sechs deutsche Topteams gefördert. Heimatverein der besten Athleten ist DJK Tusa 06 Düsseldorf, mit Trainingsangeboten für Nachwuchssportler und der Förderung von Spitzenspielern. Das zeigt auch der Blick auf die Teilnehmerliste der deutschen Meisterschaften, die derzeit ausgetragen werden. Beim Höhepunkt der Beachvolleyballsaison am Timmendorfer Strand sind gleich neun Spieler der Tusa gemeldet.
Der Ort, an dem perfekte Trainingsbedingungen herrschen, ist die „Halle Mensch“in Düsseldorf-Lierenfeld. Es gibt In- und Outdoorfelder. Und eine Fußbodenheizung für optimal temperierten Sand. Von wegen Sand und Strand. Im Hintergrund rauscht nicht das Meer, und selbst der Rhein ist hier gut sechs Kilometer entfernt. In der „Halle Mensch“sollen aber dennoch Meister und Olympiasieger gemacht werden. So jedenfalls lautet der Plan der Sportstadt Düsseldorf – und der von Ulrich Sundag, Koordinator des Tusa-Nachwuchsleistungsteams. Das mit den Olympiasiegen hat ja auch schon funktioniert.
„Es ist kaum bekannt, aber Ludwig/Walkenhorst haben sich nicht nur am Bundesstützpunkt in Hamburg, sondern auch in Düsseldorf auf die Spiele 2016 vorbereitet“, sagt Sundag. Auch die Olympiasieger von London 2012, Julius Brink und Jonas Reckermann hätten in der „Halle Mensch“trainiert.
Fingerspitzengefühl und Kraft, Ausdauer und Eleganz braucht es beim Beachvolleyball. Zu den Athleten, die das in Deutschland mit am besten können, gehört das erfahrene Düsseldorfer Duo Anja Hoja/ Stefanie Hüttermann. „Sie vertreten Tusa bei den deutschen Meisterschaften“, sagt Sundag. Er klingt mächtig stolz. Das kann er auch sein. Hüttermann ist seit 2017 mitverantwortlich für die strukturelle Förderung des Beachvolleyballs in Düsseldorf. „Sie hat Spitzenduos hergelotst“, sagt Sundag. Ihr gelang es etwa, Karla Borger und Margareta Kozuch vom Wechsel nach Düsseldorf zu überzeugen. Das Duo steht im deutschen Nationalkader und liegt auf Weltranglistenplatz 15, als zweitbestes deutsches Team. Am Timmendorfer Strand nun, wo 60.000 Fans erwartet werden, spielen Borger/Kozuch mit um den Titel – und ihre Chancen stehen sehr gut, weil die „Golden Girls“Kira Walkenhorst und Laura Ludwig sowie Chantal Laboureur, Beachvolleyballerin des Jahres, verletzt absagen mussten.
Bei den Männern sind die Zwillingsbrüder David und Bennet Poniewatz sowie Daniel Wernitz (alle Tusa 06) gemeldet. Zudem spielt Sven Winter mit Publikumsliebling Alexander Walkenhorst, dem Bruder von Kira. Beide Männer-Duos trainieren regelmäßig in Düsseldorf. Die Poniewatz-Brüder und Walkenhorst/Winter gehören genau wie Borger/Kozuch dem „Stockheim Team“an, einer Auswahl von Spitzensportlern, die auf ihrem Weg zu Olympia 2020 unterstützt werden.
Noch scheint der Gedanke fern, dass das nächste Beachvolleyball-Gold-Duo der Sommerspiele 2020 in Tokio ausgerechnet aus dem Düsseldorfer Verein kommt. Zu sehr liegt vielleicht der Fokus auf den Fußballern der Fortuna, den Eishockeyspielern der DEG oder den Tischtennis-Stars der Borussia. Zumindest noch.
Sundag betont die Langfristigkeit des Projekts „Beachvolleyball-Hochburg“. Der Sand soll fruchtbarer Boden für Erfolge sein. In Düsseldorf gab es bereits die erste „Ernte“: Svenja Müller (17) wurde Anfang August U-18-Europameisterin mit Partnerin Lea Sophie Kunst. In Dortmund spielt Müller Volleyball-Regionalliga, im Sand ist die Düsseldorferin zu einer der Besten gereift. „Der Bundestrainer hat sie schon gesichtet und gesagt: Die trainiere ich mal“, erzählt Sundag. Die Meisterschaften kommen für das Nachwuchstalent jetzt noch zu früh, für einige ihrer Vereinskollegen sicher nicht.