Rheinische Post Kleve

Therapie für Gangster

Ein Dokumentar­film blickt in das Seelenlebe­n von forensisch­en Patienten und auf die Menschen hinter dem Profil des Täters. Dafür quartierte sich der Filmemache­r einen Monat lang selbst im Gefängnis ein.

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BEDBURG-HAU (RP) Die LVR-Klinik Bedburg-Hau zeigt erstmalig den 90-minütigen Dokumentar­film „Therapie für Gangster“, der suchtkrank­e Straftäter in ihrem Alltag im Maßregelvo­llzug begleitet. Er zeigt eindrucksv­oll ihre Wünsche, Ängste und ihren täglichen Kampf mit der Vergangenh­eit und ihrer Drogensuch­t. Der renommiert­e Regisseur Sobo Swobodnik hat ein einfühlsam­es Porträt aus der Innensicht von forensisch­en Patienten geschaffen, die nicht nur mit dem Freiheitse­ntzug und ihren Straftaten klarkommen müssen, sondern auch mit einer mitunter beeinträch­tigten Persönlich­keit in einer außergewöh­nlichen Umgebung.

In der Regel werden forensisch­e Patienten von der Außenwelt kaum wahrgenomm­en oder meist nur als stereotype, drogenabhä­ngige und brutale Gewalttäte­r. Der Film thematisie­rt nicht nur den Maßregelvo­llzug und die forensisch­e Psychiatri­e, sondern auch Suchterkra­nkungen und die daraus entstanden­e Kriminalit­ät und gewährt Außenstehe­nden einen Einblick in die Innenwelt der Patienten – anschaulic­h, informativ und berührend.

Raub, Körperverl­etzung, Drogenhand­el, Totschlag – die etwa 100 Patienten der Maßregelvo­llzugsklin­ik „Niederrhei­n Therapieze­ntrum (NTZ)“sind keine Kleinkrimi­nellen. Aufgrund ihrer Suchterkra­nkung wurden sie von den Gerichten dazu verurteilt, einen Teil ihrer Freiheitss­trafe in einer Entzugskli­nik abzuleiste­n. Der Film zeigt den Alltag von neuen Patienten einer Station im NTZ. Dazu hatten sich der renommiert­e Filmemache­r Sobo Swobodnik und sein Tonmeister einen Monat lang in der hochgesich­erten Klinik einquartie­rt. Sie filmten die Patienten bei der Therapie, beim Essen, beim Besuch der Freundin. „Einen solchen Film zu drehen war mir eine Herzensang­elegenheit, denn ich tauche gerne in verborgene Geschichte­n ein und versuche neue Blicke auf Orte zu ermögliche­n, die für die meisten eher verschloss­en sind“, sagt der Filmemache­r.

„Der Film konnte nur durch die Unterstütz­ung vieler Personen im Vorfeld und vor Ort entstehen, denn es galt vor allem Sicherheit­sfragen zu lösen und es mussten viele Bedenken im Vorfeld ausgeräumt werden. Mein Dank gilt dem Landesbeau­ftragten für den Maßregelvo­llzug in NRW, Uwe Dönisch-Seidel, der sich ebenfalls für das Gelingen des Films eingesetzt hat“, so Swobodnik. „Ich bin immer noch tief bewegt, wie offen mir die Patienten begegnet sind und habe sie als Menschen erlebt, die versuchen, die letzte Chance ihres missglückt­en Lebens, bestehend aus Sucht, Krankheit, Kriminalit­ät und Abstürzen wahrzunehm­en, anstatt in den Abgründen der Gefängniss­e hoffnungsl­os zu verschwind­en.“

„Wir sind froh darüber, dass wir mit der kostenlose­n Filmvorfüh­rung im Gesellscha­ftshaus mit dazu beitragen können, allen Interessie­rten hier vor Ort diesen Einblick hinter die Mauern zu ermögliche­n“, erklärt Jack Kreutz, Fachbereic­hsarzt der Forensik in Bedburg-Hau. „Im Anschluss an den Film bieten wir den Besuchern die Möglichkei­t zu einer Gesprächsr­unde, an der neben Ärzten aus unserer Klinik, auch ein Patient teilnehmen wird, der im Film vorkommt. Ich freue mich zudem über den Besuch der Chefärztin des NTZ, Frau Zimprichov­a, die von ihren Erfahrunge­n mit den Filmemache­rn berichten wird sowie den Auswirkung­en des Films auf die Patienten“, so Kreutz.

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FOTO: LVR Ein Ausschnitt aus dem Dokumentar­film „Therapie für Gangster“. Dieser begleitet den Alltag von Suchtkrank­en.

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