Rheinische Post Kleve

Was man Google vorwerfen kann

Zeitungsve­rleger wollen Geld von Google – weil sie digitale Erlöse verschlafe­n haben.

- Richard Gutjahr ist Moderator für das Bayerische Fernsehen und Blogger. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

In Brüssel wird diese Woche über eine Reform des Urheberrec­hts abgestimmt. Schon wieder. Die erste Vorlage im Juni fand keine Mehrheit. Jetzt soll das Leistungss­chutzrecht im zweiten Anlauf vom EU-Parlament abgesegnet werden.

Worum es geht: Europäisch­e Zeitungsve­rleger beklagen, dass etwa Google viel Geld verdient, indem die Suchmaschi­ne mit Überschrif­ten und kurzen Texten auf Zeitungsan­gebote verlinkt. Von dem Geld wollen die Verlage etwas abhaben.

Vieles muss man an Google kritisiere­n: den katastroph­alen Datenschut­z, den verantwort­ungslosen Umgang mit Opfern von Verleumdun­g und Hass, die Marktmacht. Was man dem Konzern aber nicht vorwerfen kann: die Idee. Die Gründer hatten zur richtigen Zeit den richtigen Riecher und haben ein Produkt geschaffen, das das Internet überhaupt erst nutzbar macht.

Ein solches Angebot hätte den Verlegerdy­nastien gut zu Gesicht gestanden, gerade im Land der Dichter und Denker. Geld, Wissen, kluge Köpfe – all das wäre da gewesen. Vor allem Geld. In den 90er Jahren, als das Internet geboren wurden, feierten die Zeitungsve­rleger Rekordumsä­tze. Das wäre die Zeit gewesen, in die digitale Welt zu investiere­n. Mangelnde Vision und fehlende Risikobere­itschaft – ein klares Management-Versagen.

Sich die eigene Schlafmütz­igkeit im Nachhinein durch Lobbyismus in Berlin und Brüssel vergolden zu lassen, ist dreist. Damit kein Missverstä­ndnis aufkommt: Unsere Gesellscha­ft ist darauf angewiesen, dass Leser für die Arbeit bezahlen, die Journalist­en leisten. Es muss gelingen, den Wert dieser Arbeit deutlich zu machen. Unsere Leistung als Wissensver­mittler hätte es verdient. Unsere Leistung als digitale Vordenker gewiss nicht.

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