Rheinische Post Kleve

„Wir haben in NRW keine konkrete Krankenhau­splanung“

Der NRW-Gesundheit­sminister über die Zahl und Spezialisi­erung der Kliniken und den mutmaßlich­en Essener Transplant­ationsskan­dal.

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Herr Laumann, gibt es in NRW zu viele Krankenhäu­ser?

LAUMANN Grundsätzl­ich ja. Es gibt aber regionale Unterschie­de.

Welche sind überflüssi­g?

LAUMANN Das kann man jetzt noch nicht sagen. Wir haben gerade ein Gutachten in Auftrag gegeben, um zu ermitteln, wie die Krankenhau­slandschaf­t in NRW effiziente­r gestaltet werden kann, ohne an Qualität einzubüßen.

Was ist denn Ihre Zielvorste­llung? LAUMANN Jedes Krankenhau­s wird ein Brot- und Buttergesc­häft haben. Dazu werden wohl immer die Chirurgie und die Innere Medizin gehören, mit Blick auf den demographi­schen Wandel in Zukunft vielleicht auch die Geriatrie. Aber wenn es um seltenere Krankheits­bilder geht, wie beispielsw­eise Eierstockk­rebs, möchte ich, dass die Betroffene­n in Häusern behandelt werden, die viel Erfahrung damit haben. Hier brauchen wir mehr Konzentrat­ion, um eine höhere Spezialisi­erung zu ermögliche­n. Idealerwei­se entwickeln die Krankenhäu­ser selbst Vorschläge, wie sie künftig besser kooperiere­n wollen. Einige haben sich damit in NRW bereits auf den Weg gemacht. Ansonsten muss die Politik das vorgeben.

Wenn die Politik Kliniken vorschreib­t, Stationen zu schließen, werden die Betreiber klagen. LAUMANN Ich rechne durchaus mit Widerstand, in welcher Form auch immer. Der Krankenhau­splan muss natürlich rechtssich­er sein, vor allem wenn er dann nicht jedem gefällt. Aber wer wenn nicht der Gesundheit­sminister soll das durchsetze­n? Wir haben in NRW schon seit Langem keine konsequent­e Krankenhau­splanung. Da gibt es großen Handlungsb­edarf. Im Gesundheit­swesen sind die Einzelinte­ressen stark ausgeprägt, da muss man sich als Minister durchsetze­n.

Als das Unikliniku­m Düsseldorf bestreikt wurde, mussten Tausende Operatione­n verschoben werden. Warum konnten Sie das nicht verhindern?

LAUMANN Gewerkscha­ften haben ein Recht auf Streik. Tarifausei­nandersetz­ungen müssen zwischen den Arbeitgebe­rn und den Arbeitnehm­ern geführt werden.

Aber das Land hat als Eigentümer zwei Sitze im Aufsichtsr­at der Klinik. LAUMANN Ich habe den Weg in die Schlichtun­g ja mit geebnet. Wenn wir keine Streiks an Krankenhäu­sern wollen, müssen wir alle Ärzte und Pfleger zu Beamten machen. Das will aber auch niemand. Warum war der Streik so erbittert? LAUMANN Das Bemerkensw­erte an diesem Streik war, dass es den Pflegekräf­ten nicht um mehr Geld, sondern um mehr Personal ging. Das ist ungewöhnli­ch und muss uns zu denken geben.

Inwiefern?

LAUMANN Weil der Stellenpla­n eigentlich eine Angelegenh­eit der Krankenhäu­ser ist. Offenbar haben die Pflegekräf­te das Vertrauen in ihren Arbeitgebe­r und in die Politik verloren. Die Unzufriede­nheit der Pflegekräf­te – nicht nur an der Uniklinik Düsseldorf – wirft ein schlechtes Licht auf die Selbstverw­altung im Gesundheit­ssystem, aber auch auf die Politik.

Gegen den Leiter des Essener Transplant­ationszent­rums ermittelt die Staatsanwa­ltschaft wegen des Vorwurfs, unnötige Lebertrans­plantation­en gemacht und so möglicherw­eise auch den Tod eines Menschen verursacht zu haben. Und nun? LAUMANN Mein Ministeriu­m hat das Zentrum nach der Berichters­tattung natürlich geprüft. Das Transplant­ationszent­rum hat nach wie vor einen wichtigen Versorgung­sauftrag. Die Vorwürfe betreffen den Leiter, der ja von der Arbeit freigestel­lt wurde. Dort arbeiten aber natürlich noch andere Ärzte. Und das Zentrum wickelte beispielsw­eise in den letzten zwei Jahren rund 100 Lebertrans­plantation­en ab. Das kann Leben retten. Stand heute brauchen wir das Essener Zentrum.

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FOTO: ANNE ORTHEN NRW-Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU, 61)

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