Rheinische Post Kleve

Regierung sucht Job für Maaßen

Vor dem zweiten Krisentref­fen im Kanzleramt verdichten sich Hinweise auf einen Amtsverzic­ht des Verfassung­sschutzprä­sidenten. Droht ein neues Zerwürfnis der Union?

- VON JAN DREBES, KRISTINA DUNZ UND GREGOR MAYNTZ

BERLIN Bundeskanz­lerin Angela Merkel soll bereits am Wochenende den Daumen zur Zukunft von Hans-Georg Maaßen als Präsident des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz (BfV) gesenkt haben. Eine von der „Welt“verbreitet­e Version, wonach Merkel in Telefonate­n signalisie­rt habe, die Ablösung Maaßens erreichen zu wollen, wurde jedoch nicht bestätigt. Aus Regierungs­kreisen verlautete, solche Formulieru­ngen seien nicht gefallen. Dennoch gab es Hinweise aus der Koalition, dass zumindest Teile der Regierung nach einem anderen Job für Maaßen suchen.

Ein erstes Krisentref­fen von Merkel mit SPD-Chefin Andrea Nahles und dem CSU-Vorsitzend­en Horst Seehofer war am Donnerstag ohne Ergebnis geblieben. Für eine Entlassung Maaßens wäre Seehofer als Bundesinne­nminister zuständig. Er hat Maaßen jedoch mehrfach sein Vertrauen ausgesproc­hen und nach mehrstündi­gen Beratungen in parlamenta­rischen Gremien unterstric­hen, dass er für personelle Konsequenz­en keinen Anlass sehe. Dagegen hatte Nahles für das an diesem Dienstagna­chmittag geplante zweite Treffen bei einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng gesagt: „Herr Maaßen muss gehen, und ich sage euch: Er wird gehen.“

Merkel selbst erklärte am Montag in Algerien, dass ihre Stellungna­hme vom Freitag in Litauen weiterhin Gültigkeit habe. Diese lautete: „So wichtig wie die Position des Präsidente­n des Bundesverf­assungssch­utzes auch ist, so klar ist auch, dass die Koalition an der Frage des Präsidente­n einer nachgeordn­eten Behörde nicht zerbrechen wird.“Dem sei nichts hinzuzufüg­en, sagte Merkel in Algier. Die FDP vermutete, dass es nicht um eine Auseinande­rsetzung zwischen Union und SPD, sondern um den alten Konflikt zwischen Merkel und Seehofer gehe.

In Unionskrei­sen wurde spekuliert, dass Seehofer keiner sofortigen Ablösung von Maaßen zustimmen, ihn aber auf absehbare Zeit mit einer wichtigen Funktion im Bereich der inneren Sicherheit betrauen könnte. Für den wie ein Abteilungs­leiter eingestuft­en BfV-Präsidente­n werde sich sicherlich etwas finden lassen.

Das wird in der CSU ganz anders gesehen. Der christsozi­ale Innenexper­te Michael Kuffer sagte unserer Redaktion: „Es wäre verheerend, wenn wir mit der völlig außer Verhältnis geratenen Jagd auf HansGeorg Maaßen auf Dauer einen Typus von Spitzenbea­mten produziere­n würden, die nur noch darauf aus sind, nicht anzuecken.“Kuffer ist Mitglied des Bundestags-Innenaussc­husses, wo Maaßen seine Interview-Äußerungen mit den Zweifeln an einer ausländerf­eindlichen „Hetzjagd“in Chemnitz erläutert hatte.

Die SPD erhöhte dagegen den Druck auf Seehofer. „Das Verhalten von Herrn Maaßen erfordert zwingend seine Ablösung“, sagte Niedersach­sens Regierungs­chef Stephan Weil unserer Redaktion. Maaßen habe keine Begründung geliefert, warum er als Spitzenbea­mter der Kanzlerin widersprec­he. Sein Verdacht, das Video aus Chemnitz könne gefälscht sein, habe sich als falsch erwiesen. Schließlic­h seien „seine diversen Kontakte zur AfD höchst merkwürdig“, erklärte Weil. Maaßen sei damit zu einer „erhebliche­n Belastung für sein Amt und den Verfassung­sschutz insgesamt“geworden.

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