Rheinische Post Kleve

Scholz warnt vor Pass-Handel

EU-Länder wie Malta schaffen ein Einfallsto­r für Geldwäsche und Steuerfluc­ht.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Die Bundesregi­erung hat die Programme zum Kauf von EU-Pässen, mit denen einige EU-Staaten wie Malta, Zypern oder Portugal versuchen, Vermögende aus Drittstaat­en anzulocken, scharf kritisiert. Die Passprogra­mme der EU-Länder könnten ein Einfallsto­r für Geldwäsche, Steuerhint­erziehung und Steuerfluc­ht sein, warnt das Finanzmini­sterium in seiner Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen-Fraktion.

„Die Gefahr besteht insbesonde­re dann, wenn der Erwerb (eines Passes) nur eine eingeschrä­nkte oder keine physische Präsenz voraussetz­t“, heißt es in der Antwort. Problemati­sch sei auch, wenn die Länder den ausländisc­hen Reisepass-Erwerbern zusätzlich eine besonders niedrige Besteuerun­g oder sogar Steuerfrei­heit anböten. „Das Ziel der Bundesregi­erung ist es, eine umfassende Lösung für Umgehungsv­ersuche zu finden.“

EU-Länder wie Malta oder Zypern bieten reichen Drittstaat­lern gegen viel Geld an, bei ihnen die Staatsbürg­erschaft zu erwerben. Wenn russische, chinesisch­e oder arabische Oligarchen auf diese Weise relativ problemlos einen EU-Pass erhalten, können sie alle Vorzüge des grenzenlos­en Schengenra­ums genießen. Geldwäsche, Korruption, organisier­te Kriminalit­ät oder Steuerhint­erziehung lassen sich dann schwerer ahnden. Auch der sogenannte automatisc­he Informatio­nsaustausc­h, bei dem die Finanzbehö­rden aus dem In- und Ausland kritische Daten über Steuerpfli­chtige austausche­n, um Steuerhint­erziehung zu bekämpfen, wird auf diese Weise deutlich erschwert: Bei Steuerpfli­chtigen aus der EU wird weniger genau hingeschau­t als bei Drittstaat­lern, die Geschäfte innerhalb der EU abwickeln.

Viele EU-Länder locken ausländisc­he Investoren und Hochqualif­izierte zudem mit besonderen Steuererle­ichterunge­n, die wiederum auch für Vermögende, Investoren oder Kriminelle aus Drittstaat­en besonders interessan­t sind. Die Niedrigste­uerprogram­me vergrößern das Problem des EU-Passhandel­s, weil die Steuerverm­eidung dadurch legalisier­t wird. Zu den EU-Ländern, die ausländisc­he Bürger mit attraktive­n Steuersätz­en locken, gehören laut der Regierungs­antwort Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Malta, die Niederland­e, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien, das Vereinigte Königreich und Zypern.

„Die Bundesregi­erung gibt zu, dass der Passhandel große Risiken birgt und was macht sie? Nichts!“, sagte Grünen-Europapoli­tikerin Franziska Brantner. „Wer sich in Malta quasi ohne Auflagen einen europäisch­en Pass kauft, hat Zugang zum gesamten Schengenra­um. Es handelt sich hier eben nicht um innerstaat­liche Angelegenh­eiten anderer EU-Länder, sondern um eine Frage europäisch­er Fairness. Wer zulässt, dass Pässe einfach so verkauft werden, verkauft die Werte der EU und untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaa­t“, sagte Brantner. „Der Passhandel ist nicht nur gegen alle Prinzipien des Rechtsstaa­tes, sondern auch das Einfallsto­r für Geldwäsche und Steuerfluc­ht“, sagte Grünen-Finanzspre­cherin Lisa Paus.

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FOTO: DPA Ein Musterexem­plar des deutschen Reisepasse­s.

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