Auf dem Dach eine Stadt in der Stadt
Der markante Neubau an der Wiesenstraße feierte Richtfest.
KLEVE Die Blicke sind berückend: Auf der einen Seite schaut man auf die Bäume des Tiergartenwaldes über den Klever Dächern, auf der anderen schweift er über das neue Quartier auf dem Union-Gelände und dem Bahnhofsdach in Richtung Bedburg-Hau und in der Achse steht der in dieser Nähe gar nicht kleine Uhrenturm der alten Bensdorp-Fabrik. „Wir haben hier auf den Dach eines Discounters eine kleine Stadt in der Stadt errichtet“, sagt Architekt Friedhelm Hülsmann. Er erzählt von der Magistrale inmitten dieser Häuser, die mit Naturstein gepflastert auf die Bensdorp zuführen wird.
Es ist eine Innovation, die der Klever Investor Udo Tjaden hier zusammen mit seinem Projektentwickler Jan Holtfester und den Architekten Hülsmann-Thieme-Minor geschaffen hat: Es gibt weit und breit keinen großen Marktbau, auf dessen Dach eine kleine Wohnansiedlung steht. Und mit dem neuem Holzständerbau ist das auch statisch kein Problem, sagt Hülsmann. Jetzt feierte der neue Bau Richtfest. Den haben Architekt Christian Thieme und seine Kollegen nicht nur auf dem Dach mit Sorgfalt geplant, auch die Fassade des Netto-Marktes, in den Bäcker Heicks auch mit einem Café einziehen wird, ist mit Formsteinen aufgelockert, die sich an die alte Jahrhundertwende-Architektur der Bensdorp anlehnt. „In der Qualität wolle man auch fortfahren“, schaute Thieme mit einem Blick über die Baustelle in Richtung Bensdorp nach vorne. Da zeichne sich beispielsweise ein wunderbarer historischer Giebel noch ab, sagt er. Während man beim Richtfest bester Stimmung war, war es im Vorfeld der Planungen zu Unstimmigkeiten gekommen – bis jetzt ist fraglich, ob Netto die knapp 1200 Quadratmeter große Halle auch komplett wird nutzen dürfen, oder ob künftig 375 Quadratmeter zusätzliches Lager sein werden, weil nur 800 Quadratmeter laut Bezirksregierung genehmigt werden dürfen. Auch sind nur Ateliers in den den teils zweigeschossigen Häusern auf dem Dach vorgesehen, weil der Bebauungsplan bis jetzt noch keine Wohnbebauung zulässt. Das allerdings schien sich im jüngsten Bauausschuss der Stadt zu lösen: Die Verwaltung möchte den Bereich als Mischfläche auszeichnen, damit würde Wohnen möglich. Der Netto-Markt soll am 10. November eröffnen, die Häusern auf dem Dach im März kommenden Jahres. Von außen werden die Häuser allerdings schon im November grau-sandfarben mit bunten Schiebe-Elementen als Sonnenschutz fertig verkleidet sein. Ihre Mieten sollen moderat sein, wenn sie als Klein-Wohnungen auf den Markt gehen, verspricht Tjaden.
Tjaden ist in Sachen 1175-Quadratmeter-Nettomarkt zuversichtlich: „Wir sind guter Dinge und wollen eine Genehmigung auch nicht mit der Brechstange durchdrücken und nach Formfehlern suchen, wir wollen mit unserem Konzept überzeugen“, sagt der Bremer Unternehmer. Allein, was sich in 1000 Meter Umkreis des Marktes – beispielsweise auf dem Union-Gelände – bewege, zeige, dass man einen Markt dieser Größe hier brauche.