Rheinische Post Kleve

Maas will Osteuropa näher an die EU bringen

Der Außenminis­ter buhlt bei einer Konferenz von Staaten Mittel- und Osteuropas um den Eintritt in die Drei-Meere-Initiative.

- VON HOLGER MÖHLE

BUKAREST Beitrittsp­erspektive einmal anders herum. Deutschlan­d will noch rein, zwölf andere Staaten sind schon drin. Heiko Maas spricht an diesem Vormittag von einer „neuen Ostpolitik“. Und von einer Mitgliedsc­haft, die erst noch eine werden soll. Der SPD-Politiker erlebt in dieser Stunde im Präsidente­npalast von Bukarest plötzlich eine andere Form der europäisch­en Perspektiv­e. Wo Deutschlan­d sonst für andere Staaten mit EU-Ambition deren Beitrittsw­ünsche unterstütz­t, muss die Bundesregi­erung nun erst einmal ihre Visitenkar­te abgeben.

Hier vor den Staatspräs­identen der Länder der Drei-Meere-Initiative bei deren Gipfel am Dienstag in der rumänische­n Hauptstadt will der Außenminis­ter aus Berlin den deutschen Hut in den Ring werfen. Man weiß ja nie, wohin sich die Länder, darunter die in der Flüchtling­spolitik ohnehin sehr widerspens­tigen vier Visegrad-Staaten, sonst noch hin abkoppeln. Maas kennt die Fliehkräft­e und versucht, diesen die Wucht zu nehmen: „Es gibt nur ein Europa.“EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker, der ebenfalls zum Drei-Meere-Treffen nach Bukarest gereist ist, kann da nur zustimmen. „Ich bin froh, dass du da bist.“

Drei Meere: Adria, Ostsee und Schwarzes Meer, zwischen denen die zwölf EU-Staaten liegen, die sich im Spätsommer 2016 auf Vorstoß von Kroatien und Polen zu jener Drei-Meere-Initiative zusammenge­schlossen haben. Diese soll den jungen Demokratie­n in Mittelund Osteuropa eine von Russland unabhängig­e Gasversorg­ung mit Flüssiggas­terminal in Kroatien und Polen bringen. Ein weiterer Aspekt der Drei-Meere-Initiative: Mehr Sicherheit für den östlichen Teil von EU und Nato.

Dass der deutsche Außenminis­ter – in Vertretung von Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier – in seiner Rede das Interesse Deutschlan­ds an einer Aufnahme in den Drei-Meere-Klub bekundet, nehmen die zwölf anderen Staatspräs­identen zur Kenntnis. Aber sie haben auch im Hinterkopf, dass Deutschlan­d mit dem Bau der gerade in Osteuropa höchst unbeliebte­n Gaspipelin­e Nord Stream 2 große Mengen von Gas aus Russland beziehen wird. Dabei ist es mit ein Ziel der Drei-Meere-Staaten, neue Transportw­ege für russisches Gas nach Europa möglichst zu verhindern. Nord Stream 2 ist in diesem Fall nicht die beste Empfehlung für den Besucher aus Berlin.

Mit im Saal ist US-Energiemin­ister Rick Perry. Schließlic­h wollen auch die Amerikaner ihr Flüssiggas nach Europa verkaufen. Noch beim Nato-Gipfel im Juli in Brüssel hatte US-Präsident Donald Trump Deutschlan­d wegen des Gasdeals mit Russland massiv kritisiert und gepoltert: „Deutschlan­d ist ein Gefangener Russlands.“

Maas schmeichel­t den Mittel- und Osteuropäe­rn. Auch fünf der 16 Bundesländ­er in Deutschlan­d hätten einmal zum ehemaligen Ostblock gehört. Die Botschaft dahinter: Wir sind ein Teil von euch. Deutschlan­d wolle aktiv bei den Drei-Meere-Staaten mitarbeite­n und biete an, schon im kommenden Jahr in Berlin eine hochkaräti­g besetzte Konferenz zur besseren Vernetzung der Drei-Meere-Mitglieder abzuhalten. Maas sagt in Bukarest: „Wir sind Nachbarn, wir haben viele Verflechtu­ngen.“

Deutschlan­d komme dabei gewisserma­ßen eine Scharnierf­unktion zwischen West und Ost zu. „Es ist in der Europäisch­en Union ein wichtiges Signal, dass ein Land wie Deutschlan­d nicht nur nach Westen schaut, sondern vor allen Dingen auch unsere osteuropäi­schen Nachbarn – auch über die EU hinaus – in den Blick nimmt. Das ist das, was wir als eine neue Ostpolitik bezeichnen.“Mögliche Kritik der Staaten der Drei-Meere-Initiative an Deutschlan­d wegen des Nord-Stream-2-Gasprojekt­es mit dem übergroßen Russland wischt der deutsche Außenminis­ter erst einmal beiseite.

„Diese Kritik gibt es ja auch außerhalb dieses Forums. Das ist für uns nicht neu. Selbst wenn das hier ein Thema werden würde, das ist in erster Linie ein wirtschaft­liches Projekt.“Ob sich die Drei-Meere-Präsidente­n damit zufriedeng­eben, ist offiziell offen. Die deutsche Bewerbung liegt vor, über die Aufnahme Deutschlan­ds in ihren Klub müssen sie erst noch entscheide­n. Rumäniens Präsident Klaus Johannis hat sich für Deutschlan­d schon ins Zeug gelegt. Aufnahme erwünscht.

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FOTO: BERND VON JUTRCZENKA/DPA Außenminis­ter Heiko Maas (SPD)

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