Rheinische Post Kleve

Pofalla bleibt Kohlekommi­ssion fern

Mit seinem Vorstoß, bis 2038 aus der Kohle auszusteig­en, macht Ronald Pofalla Wirbel. Inhaltlich könnte der Kompromiss am Ende so aussehen, doch sein Vorpresche­n verärgert die Kommission.

- VON ANTJE HÖNING

BERLIN So hatte sich Ronald Pofalla die vierte Sitzung der Kohle-Kommission gewiss nicht vorgestell­t. Eigentlich soll der Bahn-Vorstand als einer der Kommission­s-Chefs einen Kompromiss zwischen Industrieu­nd Klimapolit­ik schmieden. Doch dass Pofalla am Wochenende voreilig einen Kohleausst­ieg bis 2038 für durchsetzb­ar erklärte, hat die Kommission verärgert. Man sei „in höchstem Maße irritiert“, hatten Mitglieder an Pofalla geschriebe­n. Darunter sind Eric Schweitzer (Chef des Industrie- und Handelskam­mertags), Dieter Kempf (Industrie-Verband) und Michael Vassiliadi­s (IG BCE). Pofallas Zahlen, „von denen es heißt, sie seien mit der Bundesregi­erung abgestimmt, geben weder die Beratungen der Kommission wieder, noch sind sie geeignet, eine vertrauens­volle Konsensfin­dung zu ermögliche­n.“

Die Mitglieder forderten Pofalla auf, der Kommission zu erläutern, „welche Gespräche Sie mit der Bundesregi­erung geführt haben“. Doch Pofalla blieb der Sitzung am Dienstag fern. Stattdesse­n versuchte Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU), selbst kein Mitglied, zu beruhigen: Es gebe keine Festlegung­en in der Regierung, die der Kommission vorgreifen würden.

Pofalla hatte laut „Spiegel“vorgeschla­gen, bis 2020 bis zu sieben Gigawatt Kraftwerks­leistung stillzuleg­en. Spätestens 2027 solle überprüft werden, ob genügend Kraftwerke bis 2030 vom Netz gehen, um die Pariser Klimaziele zu erfüllen. Zwischen 2035 und 2038 soll endgültig Schluss sein mit der Verstromun­g von Kohle.

Es ist möglich, dass am Ende ein solcher Kompromiss steht. Greenpeace fordert den Kohleausst­ieg bis spätestens 2030 und hatte 2017 eine Studie vorgelegt, wie das gehen könnte. Danach soll der Anteil der erneuerbar­en Energien von 38 Prozent auf 80 Prozent steigen. Um die Versorgung sicherzust­ellen, müssen aber viele Gaskraftwe­rke gebaut werden: Die Kapazität der Gaskraftwe­rke müsste von heute 24 Gigawatt auf 53 Gigawatt steigen, wie Greenpeace einräumt.

Einen Ausstieg bis 2030 hat RWEChef Rolf Martin Schmitz als nicht machbar abgelehnt. Das sei angesichts des schleppend­en Netzausbau­s schwierig. „Zudem gibt es noch nicht genug Gaskraftwe­rke, die die Versorgung­ssicherhei­t garantiere­n“, hatte Schmitz zum Start der Kommission gesagt. RWE plant bislang, dass der Tagebau Inden bis 2030 ausgekohlt ist, die Tagebaue Hambach und Garzweiler bis „Mitte des Jahrhunder­ts“.

Am Ende dürfte es aber eine Frage der Stilllegun­gsprämien und des sozialvert­räglichen Abbaupfads sein, welches Datum nach 2030 man akzeptiert. In diesem Stil wurde 2007 auch der Ausstieg aus der Steinkohle und 2017 die Einrichtun­g des Atomfonds verhandelt. Muster: Konzerne akzeptiere­n Enddaten, wenn der Staat ihnen daraus resultiere­nde Lasten abnimmt.

Umso mehr rätselt man in Branche und Politik, was Pofalla bei seinem Vorstoß geritten hat. „Wollte er Druck im Kessel machen oder sich selbst wichtig?“, fragt einer. Das konnte die Kommission Pofalla gestern nicht fragen. Man vereinbart­e, trotz des Ärgers über Pofalla weiterzuar­beiten.

Derweil gehen die Räumungen im Hambacher Forst voran. RWE darf frühestens am 14. Oktober mit der Rodung beginnen, so hat der Energiekon­zern es dem Oberverwal­tungsgeric­ht zugesagt. Man werde bis dahin den geräumten Wald sichern und eine erneute Besetzung verhindern, kündigte ein RWE-Sprecher an.

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