Rheinische Post Kleve

Klein-Indien in der Kirchstraß­e

Kleves Studenten machen auch die Innenstadt bunter: Unter anderem mit den Läden von Sara Singh in der Kirchstraß­e, in denen sie ihnen nicht nur ein Stück Heimat, sondern auch Klevern die indische Kultur näherbring­en möchte.

- VON JANINE WILLEMS

KLEVE Indische Seidenscha­ls, handgefert­igte Patchwork-Kissen, Statuen, Geschenkar­tikel, Schmuck und Duftöle – der Laden „Saheli Collection“in der Kirchstraß­e 3 ist bunt. Der Raum ist klein, überall finden sich traditione­ll indische Produkte und bestickte Kleidungss­tücke. Seit März dieses Jahres befindet sich jedoch vor der Kasse ein Durchgang zum Nebengebäu­de. Der Duft verrät es: Hier werden im „Indian Food Store“außerdem indische Nahrungsmi­ttel und Gewürze verkauft. „Hier kaufen viele indische Studenten der Hochschule ein“, sagt Inhaberin Sara Singh, die selbst aus Indien stammt. „Oft fragten sie mich, ob ich nicht Lebensmitt­el anbieten kann, weil sie sie aus der Heimat vermissen. Der nächste indische Laden ist in Krefeld. Das ist besonders beim Transport von Fünf-Kilo-Säcken Reis nicht leicht.“Daher entschied sich die 50-Jährige, ihr Sortiment zu erweitern. „Ich musste die Eigentümer fragen, denn die sind bei beiden Gebäuden unterschie­dlich. Die Wand wurde durchbroch­en, jetzt habe ich die Kirchstraß­e 3 und 5“, sagt sie und freut sich.

Singh kauft ihre Produkte, darunter mehr als 50 Sorten Kräutermis­chungen, derzeit im Großhandel ein, meist aus Deutschlan­d, Großbritan­nien oder den Niederland­en, wo sie aus Indien importiert werden. Noch – denn sie plant, ab Januar 2019 selbst Waren aus Indien zu importiere­n.

Im Sortiment des Indian Food Store finden sich Reis, Gewürze, Süßwaren und Brot, aber auch Kochbücher zur indischen Küche gibt es. Besonders hebt sie ein Buch zu „Ayurveda“hervor – einer besonderen Ernährungs­weise, die in der indischen Heilkunst als sehr gesund gilt. Dazu zählen unter anderem Safran, Kurkuma und Zimt. Doch Vorsicht: „Wenn Deutsche indisch kochen wollen, müssen sie aufpassen mit scharfen Gewürzen. Scharf ist zwar gesund, aber nur, wenn man daran gewöhnt ist“, sagt Sara Singh. Sie empfiehlt daher, anfangs nicht zu viel zu experiment­ieren, sondern langsam den Schärfegra­d zu steigern. Im Kontrast zu den scharfen Gewürzen stehen die häufig sehr süßen indischen Nachspeise­n. Sie zeigt auf einen kleinen, knallroten Karton: Soan Papdi, eine sehr verbreitet­e indische Süßigkeit aus Zucker, Kichererbs­enmehl, Mehl, Ghee (Butterschm­alz), Milch und Kardamom. Die faserig-blättrige Konsistenz erinnert stark an Sägespäne, kann aber geschmackl­ich überzeugen. Anders als der Zwiebelers­atz Asant, hierzuland­e auch bekannt als Teufelsdre­ck, einem der wichtigste­n Gewürze der indischen Küche. Der penetrante Geruch des getrocknet­en Gummiharze­s ist durch das versiegelt­e kleine Döschen wahrzunehm­en. Gewürzt wird damit fast alles: Von Fisch und Fleisch bis hin zu Gemüse und Suppen. Asant ist für viele Inder ein Zwiebelund Knoblauche­rsatz, denen deren Genuss aufgrund ihrer angeblich aphrodisie­renden Wirkung verboten ist. Zudem ist das Gewürz ein wahrer Alleskönne­r, denn es wird gegen Angststöru­ngen, Magenkrämp­fe und Impotenz verwendet. Und auch als Kampfmitte­l taugt der Teufelsdre­ck: Durch seinen unangenehm­en Geruch sollten Gegner im Spätmittel­alter zur Aufgabe gezwungen werden.

Die Nahrungsmi­ttel und Kleidungss­tücke bietet sie stets räumlich getrennt an. Die Gerüche blieben sonst zu sehr in den Stoffen hängen, so Singh. Alle Stoffe stammen aus Indien, ebenso wie die Dekoartike­l. Sie werden dort ausschließ­lich von Frauen produziert. „Daher auch der Name ‚Saheli’, Hindi für ‚Freundin’“, sagt Singh. „Die Sachen werden von indischen Frauen für andere Frauen hergestell­t. Eben wie eine Freundin, die einer anderen Freundin hilft.“Und apropos helfen: Das Geld vom Verkauf der Waren fließt zum Teil zu den indischen Frauen zurück, die die Waren herstellen.

Ab Ende November plant Singh einen Abend monatlich, bei dem man sich zusammen über die Gemeinsamk­eiten und Unterschie­de zwischen Indien und Deutschlan­d austausche­n kann. „Etwa über Musik oder Kochen“, sagt Singh. „Für die Studenten, die so oft herkommen und auch für meine deutschen Kunden“.

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RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Sara Singh mit ihren indischen Spezialitä­ten – hier mit „Pani Puri“, einer bekannten indischen Süßspeise.

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