Rheinische Post Kleve

Der Schutz der Schafe wird immer wichtiger

Die Berichte vom Auftauchen des Wolfes versetzen die Züchter am Niederrhei­n in Alarmstimm­ung. Herdenschu­tzberateri­n vor Ort.

- VON SEBASTIAN LATZEL

GOCH-UEDEM-WEEZE-KEVELAER Jetzt steht es endgültig fest: Im Raum Schermbeck und Hünxe ist ein Wolf unterwegs. Nachdem das Landesamt für Umwelt und Naturschut­z (Lanuv) vor einiger Zeit auf Anfrage der Redaktion noch erklärt hatte, die Schafe seien vermutlich von Hunden gerissen worden, bestätigte das Amt per Pressemitt­eilung, dass doch ein Wolf dafür verantwort­lich ist. Das Amt beruft sich dabei auf die genetische­n Ergebnisse des Senckenber­g Forschungs­institutes. Das hatte Speichelpr­oben bei getöteten Schafen in Schermbeck-Gahlen untersucht.

Fest steht jetzt auch, woher das Tier kommt. Es gehört zu einem Wurf eines Wolfspaare­s, das sich in Schneverdi­ngen in Niedersach­sen angesiedel­t hat. „Das Tier wird von dort an den Niederrhei­n gewandert sein, es ist maximal zwei Jahre alt“, erläutert Wilhelm Deitermann, Sprecher des Landesamte­s. Und: Der Wolf von Schermbeck ist ein Weibchen.

Die Schafhalte­r in der Region sind angesichts der neuen Ergebnisse natürlich sehr verunsiche­rt. Zumal die Meldungen von getöteten Tieren nicht abreißen. Diese Woche wird es auch wieder ein Treffen der Schafhalte­r geben.

Dass das Thema gerade in der Region viele bewegt, ist für Wiebke Mohrmann von der Landwirtsc­haftskamme­r Nordrhein-Westfalen keine Überraschu­ng: „Die Kreise Wesel und Kleve sind die Hotspots der Schafhaltu­ng im Land Nordrhein-Westfalen“, sagt die Herdenschu­tzberateri­n. Hier gäbe es besonders viele Schafhalte­r. Und bei denen ist Wiebke Mohrmann derzeit besonders viel unterwegs, auch im Kreis Kleve.

Seit etwa vier Wochen sei die Anspannung gestiegen, es gehe da auch um Existenzän­gste. Zwar gebe es bei einem nachgewies­enen Wolfsriss eine Entschädig­ung von 120 Euro bis 160 Euro pro Tier, aber der eigentlich­e Schaden sei viel höher. Wenn der Wolf einmal aufgetauch­t Wiebke Mohrmann Herdenbeau­ftragte

sei, würden die Tiere viel unruhiger. Es bestehe die Gefahr, dass sie auf die Straße laufen. Es komme auch verstärkt zu Frühgeburt­en, ganz kleine Lämmer würden in Panik totgetrete­n.

Und auch im Kreis Kleve sind Wölfe bereits mehrmals auffällig geworden. Eine Wölfin überquerte sogar den Rhein bei Emmerich und lief, wie seinerzeit ausführlic­h berichtet, über Weeze in Richtung der Niederland­e. In Kerken wurden Schafe nachweisli­ch vom Wolf gerissen. Ganz klar: Der Wolf ist hier ein Thema.

Die Herdenschu­tzbeauftra­gte berät die Schäfer, wie sie sich schützen können. Empfehlung ist, die Herde mit einem 90 Zentimeter hohen Zaun mit 2500 Volt Spannung zu schützen. Da Wölfe oft springen würden, solle zusätzlich in 1,20 Meter Höhe Flatterban­d als optische Abschrecku­ng gespannt werden. Immer helfen würde das nicht. Die Wölfin aus Niedersach­sen sei durch das Rudel dort bereits gut auf Zäune vorbereite­t. Da in Schermbeck noch kaum Strom auf den Zäunen sei, habe das Tier dort quasi gute Trainingsm­öglichkeit­en, um das Überwinden der Absperrung­en zu trainieren.

Ein Problem könnten auch freilaufen­de Hunde werden. Einmal kann es zu unangenehm­en Begegnunge­n mit dem Wolf kommen. Zudem gebe es die große Gefahr, dass ein Hund eine läufige Wölfin deckt. „Die Hybrid-Wölfe, die dann entstehen sind wirklich problemati­sch und gefährlich“, sagt Wiebke Mohrmann. Das habe man bereits in Thüringen erlebt.

Christiane Rittmann hat mehrere Schafe durch den Wolf verloren. Sie wundert sich darüber, dass das Lanuv zunächst immer nur von Hunden gesprochen hatte. Bereits in dem Bericht der Pathologie, den sie selbst bekommen hatte, hatten die Experten darauf verwiesen, dass nach den massiven Bissverlet­zungen ein Wolf in Erwägung gezogen werden müsse. „Die Verunsiche­rung bei uns ist jetzt natürlich groß“, sagt sie.

Auch Martin Tiemann, Schafzücht­er aus Uedem-Keppeln, fordert, dass die Informatio­nspolitik des Landesamte­s verbessert wird. Außerdem müsse die öffentlich­e Hand auch den Schafhalte­rn unter die Arme greifen. Denn zusätzlich­e Maßnahmen zur Sicherung würden natürlich auch zusätzlich­es Geld kosten.

„Die Kreise Wesel und Kleve sind die Hotspots der Schafhaltu­ng in NRW“

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FOTO: KÖNEMANN In den Kreisen Kleve und Wesel gibt es besonders viele Schafe.

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