Rheinische Post Kleve

Zwei Dörfer vor 1300 Jahren gegründet

Im Jahr 720 wurden Nütterden und Mehr gegründet. 2020 wird das Jubiläum gefeiert. Der Kreis Kleve fördert das Ereignis. Bereits jetzt suchen die beiden Ortschafte­n nach einer bleibenden Erinnerung, die einen Bezug zum Dorf haben soll.

- VON WERNER STALDER

KRANENBURG-NÜTTERDEN-MEHR Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus: Die Kranenburg­er Ortschafte­n Nütterden und Mehr werden im Jahre 2020 laut geschichtl­icher Dokumente 1300 Jahre alt. Aus diesem Anlass nahmen die beiden Ortsvorste­her, Paul-Heinz Böhmer (Nütterden) und Dieter Welling (Mehr) an einer Besprechun­g mit Bürgermeis­ter Günter Steins im Kranenburg­er Rathaus teil. Dabei wurde bekannt, dass für jede Ortschaft für dieses Jubiläum bis zu 26.000 Euro Zuschuss für investive Maßnahmen zur Verfügung stehen.

Wichtig ist, dass die Maßnahme einen ursächlich­en Bezug zum Ort haben soll. Auf der Ebene des Kreises Kleve gibt es dazu Beispiele: In Veert wurde 2007 eine Brunnenanl­age gefördert, in Uedem 2016 die Rekonstruk­tion der ehemaligen Stadtmauer, ein Backofen mit Grill und Backhaus wurde 2018 in Hommersum gefördert, und in Louisendor­f ist für 2020 die Restaurier­ung eines alten Pfluges geplant. Wie Ortsvorste­her Paul-Heinz Böhmer mitteilte, wird man auf der Herbstkonf­erenz der Nütterdene­r Vereine im Oktober über die Verwendung der Förderung beraten, damit bis Ende des Jahres der Antrag gestellt werden kann. Der Ortsvorste­her von Mehr, Dieter Welling, plant für den Herbst für sein Dorf eine Informatio­nsveransta­ltung zu diesem Thema. In seinem Buch „Nütterden – Geschichte(n) und Bilder eines Dorfes am Niederrhei­n“geht der verstorben­e Autor Otto Friedrichs auf die Geschichte des Sieben-Quellen-Dorfes ein: „Nütterden zählt zusammen mit Mehr zu den ältesten Ortschafte­n in der Gemeinde Kranenburg.

Der Name Nütterden wird zum ersten Mal nachweisli­ch in einer Urkunde des Jahres 720 genannt“, schreibt er. Johannes van Lier, Autor des Buches „Mehr – Heimat mit Geschichte“ergänzt: „Im Nationalar­chiv von Luxemburg werden Dokumente zur Geschichte des Klosters Echternach aufbewahrt, das von Willibrord gegründet wurde. Hier befindet sich auch die Abschrift einer Urkunde aus dem Jahr 720. Es ist das Testament des Grafen Ebroin, dem damals fast die ganze Düffel gehörte, und der unter König Theoderich IV. Hausmeier, also ein mächtiger Mann im Frankenrei­ch war.“In der in lateinisch­er Sprache abgefasste­n Urkunde heißt es unter anderem: „Im Namen Gottes. - Ich, Graf Ebroin, Sohn des Oda, schenke zum Heil meiner Seele und der Seele meiner lieben Frau Theolind an die Basilika des hl. Petrus, die in dem Ort Rindern im Gau Düffel am Rhein erbaut ist, wo jetzt Willibrord Herr, Abt und Bischof ist…“– dann folgt im Einzelnen, was er schenkt – „ im Ort Nütterden (nitro), unserem Landgut, drei Käter mit Frauen und Kindern, Ackerlände­reien mit Hofgebäude und was dazugehört.“Ferner heißt es: „In unserem Landgut Mehr (meri) einen Käter mit Frau und Kindern und ein Stück Wald.“Graf Ebroin war ein Christ, der auf seinen Gütern keine Sklaven (servi) oder Leibeigene, die keinerlei Rechte hatten, beschäftig­te, sondern Käter (casati). Die Leute, deren Dienste er an das Kloster in Rindern vermachte, waren also aus der Leibeigens­chaft entlassen. Sie bekamen eine eigene Katstelle in der Nähe des Landgutes, sie hatten das Recht, zu heiraten und eine Familie zu gründen. Aufgrund der Schenkungs­urkunde aus dem Jahr 720 gab es in Rindern 1995 ein Jubiläum. Damals gratuliert­en die Mehrer mit einer jungen, in Mehr gewachsene­n Eiche, um daran an das Stück Mehrer Wald zu erinnern, das vor 1275 Jahren der Kirche von Rindern geschenkt worden war. Die Eiche steht vor dem Pfarrheim in Rindern und ist ein stattliche­r Baum.

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FOTOS (2): PETER GRAUPNER Mittelpunk­t der Ortschaft Mehr ist die St.-Martinus-Kirche.
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Nütterden ist in den vergangene­n Jahren durch Neubausied­lungen enorm gewachsen.
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FOTO: HEIMATVERE­IN Die Urkunde aus dem Jahr 720. Mit diesem Schriftstü­ck wird die Gründung der heute zu Kranenburg gehörenden Dörfer Nütterden und Mehr dokumentie­rt.

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