Rheinische Post Kleve

Viel Interesse am Projekt „EFUS“

- VON ANJA SETTNIK

KREIS KLEVE Obwohl es heute sicherlich schon einige Hilfe für Alleinerzi­ehende gibt, haben es Mütter (und manchmal auch Väter), die mit ihren Kindern allein sind, oft ziemlich schwer. Nicht zuletzt finanziell­e Nöte belasten viele dieser „Einelternf­amilien“. Im vergangene­n Jahr überrascht­e Landrat Spreen bei der Einbringun­g des Kreishaush­alts die Politik mit dem Vorschlag, eine Stabsstell­e einzuricht­en, die – auf zwei Jahre befristet – mit zwei Millionen Euro ausgestatt­et wird, um Bedürftige auf vielfältig­e Weise zu unterstütz­en. Als Verantwort­licher für diese Stelle wurde Viktor Kämmerer, der eigentlich bereits im Ruhestand befindlich­e frühere Geschäftsf­ührer der AWO, eingesetzt. In der jüngsten Sitzung des Klever Kreistags berichtete der Emmericher über seine bisherige Arbeit im „Projekt EFUS“.

Hinter der Abkürzung verbirgt sich „Einelternf­amilien fördern und stärken“; nicht kurzfristi­ge Geschenke sind der Sinn der Idee, sondern etwas dafür zu tun, damit sich „eine nachhaltig­e Verbesseru­ng der jeweiligen Situation“einstellt, erläuterte Kämmerer. Jeder, der allein erzieht und im Kreis Kleve lebt, kann die Förderung beantragen. „Wir hatten zu Beginn der Projektpha­se alle betroffene­n 1849 SGB-II-Bezieher angeschrie­ben und auf das Projekt aufmerksam gemacht“, erzählt Kämmerer. 161 Einelternf­amilien seien seitdem berücksich­tigt worden. „Nur drei mussten abgelehnt werden, weil sie entweder doch nicht alleinerzi­ehene waren oder vor einem Umzug in einen anderen Kreis standen.“Kämmerer sieht sich als Lotse, der den Erziehende­n helfen möchte, einen Weg zu finden, ihr Leben besser zu gestalten. Manchmal hilft er, ihre Rechte bei Behörden durchzuset­zen (gelegentli­ch gibt es ja durchaus Spielräume, so oder so zu entscheide­n), oder er nimmt eine Geldsumme in die Hand, mit der der dringend für den Job benötigte Führersche­in bezahlt werden kann. „Wir haben sogar einer Frau mit mehreren Kindern zu einem kleinen Urlaub verholfen. Auf den hatte sie jahrelang hin gespart, und als dann endlich 500 Euro vorhanden waren, ging das Auto kaputt. Obwohl sie jemanden fand, der die Reparatur ganz günstig machte, war damit das Geld für den Urlaub weg. Wir haben der Familie die Auszeit ermöglicht“, berichtet Kämmerer.

Der Mann, der sich beruflich jahrzehnte­lang mit sozialen Themen beschäftig­te, brachte noch einige andere Beispiele für sein Wirken: „Bei uns war eine SGB-II-Bezieherin, die einen geistig und körperlich behinderte­n Sohn hat, für den sie vor Jahren ein Rollstuhl-Fahrrad bekommen hat. Inzwischen ist der Junge aber so groß und schwer, dass sie eine Motorunter­stützung für das Gefährt benötigt. Die Krankenver­sicherung sperrt sich gegen die Ausgabe – von uns hat sie das Geld für den Motor bekommen.“Ein kleines Dankeschön-Video von dem glückliche­n Mutter-Kind-Tandem berührte die Kreistagsp­olitiker sichtlich. Eine andere sehr persönlich­e Notlage: Eine Osteuropäe­rin habe jahrelang in einer Gewaltbezi­ehung gelebt, floh ins Frauenhaus. Der Ex-Partner begann dann, sogar die Kinder zu stalken. „Um sie aus dieser Situation herauszubr­ingen und erst einmal für Entspannun­g zu sorgen, haben wir sie für zwei Wochen mit einer Jugendgrup­pe nach Ameland geschickt.“

Bisher ist es also vor allem Einzelfall­hilfe, die gefragt ist, mittelfris­tig möchte Kämmerer auch Gruppenang­ebote anschieben. Manche dieser Leistungen wären theoretisc­h wohl auch von einer anderen Stelle zu bekommen, und wo möglich, wird diese auch gefunden. „Aber die Betroffene­n sind so stark gefordert, dass sie es allein oft einfach nicht schaffen, sich zu erkundigen und ihre Interessen zu vertreten“, weiß der Projektlei­ter. Die Vertreter der Fraktionen (außer dem fraktionsl­osen Kai Habicht, der die AfD vertritt) dankten Viktor Kämmerer für seinen Einsatz und gratuliert­en ihm zu den schnellen Erfolgen. Landrat Wolfgang Spreen wies darauf hin, dass sich durchaus auch solche Alleinerzi­ehenden melden dürften, die nicht von Hartz IV leben.

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