Rheinische Post Kleve

Ein Tiger ohne Krallen

Tiger Woods und der Ryder Cup – das passt auch in diesem Jahr nicht wirklich zusammen. Während das Team Europa die Trophäe zurückerob­ert, verliert der US-Superstar alle seine Runden und ist entspreche­nd schlecht gelaunt.

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SAINT-QUENTIN-EN-YVELINES (sid) Das Team Europa feierte sein Golf-Märchen, und Tiger Woods litt. Der Superstar des Teams der US-Golfer inszeniert­e sein Martyrium beim 42. Ryder Cup dermaßen, dass die große Bewunderun­g der Zuschauer nach den vielen Niederlage­n endgültig in Mitleid umschlug. „Come on, big cat!“, riefen sie ihrem verwundete­n Heroen immer wieder aufmuntern­d zu. Doch der Tiger fuhr die Krallen nicht aus – er war auf dem Golfplatz mal wieder nur ein zahmes Kätzchen.

„Das geht mir tierisch auf den Geist, wenn man gegen solch ein starkes Duo spielt, muss man viele Birdies spielen“

Tiger Woods US-Golfprofi

Wie so oft in den vergangene­n Jahren entpuppte sich der prestigetr­ächtige Kontinenta­lvergleich mit den Europäern für Woods als persönlich­es Waterloo. Egal, ob er (zweimal) an der Seite von Patrick Reed, seines Zeichens immerhin US-Masters-Champion, oder (einmal) mit Bryson DeChambeau spielte: Am Ende musste der so stolze Kalifornie­r Woods immer den Gegnern gratuliere­n. Und zwar immer denselben.

„Das geht mir tierisch auf den Geist. Wenn man gegen solch ein starkes Duo spielt, dann muss man viele Birdies spielen“, sagte Woods, der am Sonntagnac­hmittag auch noch sein Einzel verlor, anerkennen­d in Richtung der Europäer Tommy Fleetwood (England) und Francesco Molinari (Italien). Das gelang allerdings nicht, und Woods gestand, dass die Pleitenser­ie „ziemlich frustriere­nd“war.

Tatsächlic­h ereilte Woods vor den Toren der französisc­hen Hauptstadt Paris das Schicksal, in sämtlichen Duellen am Freitag und Samstag auf die überragend­e Paarung der Europäer zu stoßen. Fleetwood und British-Open-Sieger Molinari harmoniert­en glänzend, sie leisteten sich kaum Fehler und wurden von der Euphorie Zehntausen­der Zuschauer getragen. Sie machten den europäisch­en Erfolg in Abwesenhei­t deutscher Spieler beim Ryder Cup perfekt.

„Wir haben wirklich, wirklich gut gespielt und sind einfach nur froh,

unseren Job für die Truppe erledigt zu haben“, sagte Fleetwood nach dem klaren Erfolg am Samstagmit­tag. Mit fünf und vier hatte das von den Fans „Moliwood“getaufte Duo zuvor triumphier­t – das sind Welten im Lochwettsp­iel. „Ich liebe ihn einfach, was soll ich sagen“, schwärmte Molinari über seinen kongeniale­n Partner, der erstmals am Ryder Cup teilnahm: „Wir genießen es, gemeinsam zu spielen.“

Tiger Woods tat das ganz offensicht­lich nicht. Der 14-malige Major-Sieger war „keinesfall­s schlecht“, wie er selbst erkannte. Aber er vermittelt­e durchweg den Eindruck, dass er seine deutlich schwächere­n Partner über den Albatros Course des Le Golf National in Frankreich schleppen musste. Mit dieser Aufgabe war Woods, nicht zuletzt wegen seines jüngsten Erfolges beim Tourfinale in Atlanta als Leader im US-Team eingeplant, einfach überforder­t.

Ob Woods irgendwann einen perfekten Mitstreite­r finden und dann auch ähnliche Worte über diesen verlieren wird wie „Moliwood“, darf bezweifelt werden. Beim Ryder Cup weist er bei den Vierern mittlerwei­le eine erschrecke­nde Bilanz von neun Siegen, einem Remis und 19 (!) Niederlage­n auf. Auch wegen dieser Schwäche holte der 42-Jährige bislang bei sieben Teilnahmen nur einmal den Cup mit dem US-Team.

Am Sonntag verpasste der langjährig­e Branchenpr­imus zu allem Überfluss auch noch einen versöhnlic­hen Abschluss. Woods verlor sein Einzel gegen den spanischen Ryder-Cup-Neuling Jon Rahm. Er musste die erste Einzel-Niederlage seit seinem Debüt 1997 hinnehmen.

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FOTO: REUTERS Tiger Woods beim Abschlag vor den Zuschauern des Ryder Cups in Frankreich.

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