Drehorgelfest mit Bücherbummel
Fast 30 Orgeln von der kleinen Drehorgel bis zur Großorgel tauchten die Klever City gestern zum Stadtfest mit Bücherbummel in Musik. Wirtschaftsförderer Joachim Rasch zufrieden: Tausende Menschen füllten früh die City.
KLEVE Markt mach süchtig. Und ein Büchermarkt besonders. Helmut van Bebber stand in dicker Strickjacke bei bester Laune zwischen den Ständen des traditionellen „Bücherbummels“auf der Herzogstraße, parlierte mit den Flaneuren, mit Kunden, mit Kollegen. Vor 28 Jahren hatte der Klever Antiquar diesen Bücherbummel erfunden und zur festen Größe im Kalender aller Bücherfreunde auf der einen und der Antiquare auf der anderen Seite der Stände gemacht. Dann zog er sich aus seinem Geschäft „Zeitzeichen“zurück, als der Haus verkauft wurde, und gab die Organisation des Bücherbummels ab.
Aber niemals geht so ganz: Im Klever Künstlerhaus Koekkoek kann man in seinen Schätzen stöbern. Und natürlich steht er Sonntag auf dem Bücherbummel unten in der Stadt in dicker Strickjacke und strahlt. Es sei viel entspannter, die Organisation nicht mehr zu haben und sich ganz auf den eigenen Stand konzentrieren zu können, sagt er. Eben hat van Bebber die in feiner Klarsichthülle gehütete „Spiegel“-Ausgabe mit Beuys als größtem Künstler auf dem Titel verkauft. Hätte das Heft eine Signatur, sagt van Bebber, dann wäre es ein Vielfaches wertvoller gewesen – aber auch so hat das Magazin, das vor fast 40 Jahren den Titel zu Beuys mit der Unterschrift „Weltruhm für einen Scharlatan?“versah, seinen Wert.
„Drehorgelfest mit Bücherbummel“hieß es Sonntag erstmals in der Klever City. Für die Drehorgelspieler ein neues, ein gutes Datum. Sie müssen nicht mehr im oft schon nasskalten November nach Kleve, sondern feiern im Frühherbst, der am Sonntag sein bestes Gesicht zeigte, ihr Fest in der City. Pünktlich um 12.30 Uhr hieß es „Anorgeln“auf dem schon reich gefüllten Fischmarkt. Petra Hendricks von Wirtschaft Tourismus und Marketing (WTM) der Stadt Kleve schaffte es wie jedes Jahr, im allerletzten Moment die drahtlose Mikrophon-Anlage doch noch ans Laufen zu bekommen. Kleves Bürgermeisterin Sonja Northing begrüßte die Bürger, die sich in Scharen um die Drehorgel-Spieler versammelt hatten: Es sei eine wunderschöne Aufgabe, das Anorgeln eröffnen und die vielen Drehorgelspieler aus allen Regionen der Republik von Berlin bis Schongau begrüßen zu dürfen, sagte sie. 25 Drehorgelspieler seien gekommen, dazu vier große Standorgeln. Es waren feine, reich verzierte Orgeln dabei, auf der einen zappelte Pumuckel, an einer anderen wippte ein Stoff-Äffchen, viele waren mit goldener Schrift verziert und mit Bildern bemalt. So zierten dralle Orient-Dramen aus dem 19. Jahrhundert eine Stüber-Orgel. Orgelbaumeister Stüber war auch in Kleve wieder dabei. Dann klangen die Orgeln mit ihren Weisen, die Berliner Luft zog durch die Stadt obwohl der Wind eher aus Richtung Holland kam. Dieser Westwind brachte dann prompt zwei Orgeln weiter die „Tulpen aus Amsterdam“mit. Schnell wurde geschunkelt, hier und da klangen Stimmen auf, die die alten Lieder mitsangen. Kölsches Liedgut klang auch noch auf und wurde gleich in „Kleve Helau“umgedichtet. Passend zur Öffnung der Geschäfte legte die große Zeelandia-Orgel mit einem regelrechten Orchester los. Da musste dann so mancher Fuß im Rhythmus mit...
Da war Kleves Wirtschaftsförderer Joachim Rasch bereits voll zufrieden: „Jetzt schon, bevor die Geschäfte aufmachen, ist die Stadt so voll“, schwärmte er und erzählte gleich vom heißen Draht, den Petra Hendricks zum Wettergott habe, so dass die Sonne fast immer lache, wenn Kleve sein Stadtfeste feiere. Der Würstchenverkäufer vorm Kaufhof kennte den Rhythmus der Klever Stadtfeste genau: Morgens schlafen die Menschen länger, dann fülle sich die Stadt um 14 Uhr rapide, um dann ab 16 Uhr wieder leerer zu werden. Er sollte Recht behalten.
Helmut van Bebber hingegen weiß, dass der Bücherbummel da anders tickt: „Die, die die wertvollen Sachen suchen, sind schon früh da“, sagt er. Wenn dann die Geschäfte öffnen, kommt das Laufpublikum bis unten. Dann gehen auch die Taschenbücher für zwei Euro über den Markttisch.