Rheinische Post Kleve

Gemeinsam gegen Gewalt

Mit einer gemeinsame­n Aktion auf dem Gocher Markt haben Polizei, Verkehrswa­cht, DLRG, Feuerwehr, Rotes Kreuz und Werbering auf die gestiegene Zahl der Angriffe gegen Rettungskr­äfte aufmerksam gemacht.

- VON ANTJE THIMM

GOCH Ein Notarztwag­en kommt nicht durch, weil keine Rettungsga­sse gebildet wird, Sanitäter werden angepöbelt, Polizisten verletzt, Straßenspe­rrungen werden ignoriert, Ordnungskr­äfte beleidigt – die Zahl solcher und anderer Fälle ist in den vergangene­n vier Jahren um 100 Prozent gestiegen. Darauf

„Früher war es selbstvers­tändlich, Helfern Respekt zu zollen“

Ulrich Knickrehm Bürgermeis­ter von Goch

verweist die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP), die am Samstag auf dem Gocher Markt zusammen mit anderen Hilfsorgan­isationen die Kundgebung „Miteinande­r gegen Gewalt – Miteinande­r für mehr Respekt“veranstalt­ete und interessie­rten Bürgern aus ihrem Arbeitsall­tag berichtete.

„Wir möchten heute mit dem Bürger ins Gespräch kommen, das ist wirkungsvo­ller als ein gedruckter Flyer“, erklärte Frank Schneiders, Vorsitzend­er der GdP im Kreis Kleve. An der Aktion beteiligte­n sich das Deutsche Rote Kreuz (DRK), die Deutsche Lebensrett­ungsgesell­schaft (DLRG), die Verkehrswa­cht Kleve, die Feuerwehr und der Gocher Werbering. Bürgermeis­ter Ulrich Knickrehm hatte die Schirmherr­schaft übernommen. „Früher war es selbstvers­tändlich, Helfern Respekt zu zollen. Wenn dies nicht mehr so ist, sind wir alle betroffen und müssen handeln“, sagte jener in seinem Grußwort. „Alle 36 Minuten findet in NRW ein Angriff auf einen Polizisten statt“, war unter anderem auf einer Stellwand zu lesen. Vor Ort waren Polizisten, die aus ihren Erfahrunge­n berichtete­n. Tobias Fürtjes von der Polizeiwac­he Kleve erzählte, wie er vor einigen Wochen mit Kollegen zu einem Einsatz gerufen wurde, bei dem ein polnischer Mitbürger andere mit einem Messer bedroht und randaliert habe. Bei dem Versuch, den Mann festzunehm­en und Gefahr zu verhindern, sei dieser „völlig ausgeflipp­t“, habe einen Kollegen bis auf den Knochen in den Finger gebissen. Er selbst habe sich bei dem Einsatz einen Finger gebrochen, der inzwischen zweimal operiert werden musste.

„Unserer Arbeit wird immer weniger Verständni­s entgegenge­bracht“, beschrieb auch Hermann Josef Kleinen, Vorsitzend­er des DRK-Ortsverein­s Goch, den Alltag der Helfer. Bei der Absicherun­g von Veranstalt­ungen und dem Freihalten von Rettungswe­gen, werde man unfreundli­ch angegangen und ignoriert. „Egoismus ist auch eine Ursache“, sagte Kleinen. Einen Grund für den nachlassen­den Respekt im Allgemeine­n sieht Friederike Küsters, Gleichstel­lungsbeauf­tragte der Stadt Goch, in einem veränderte­n Gesellscha­ftsbild. Schnellleb­igkeit und soziale Kluft erzeugten Frustratio­n gegen Obrigkeite­n, da diene die Polizei beispielsw­eise als „Prellbock“. Eine Chance sieht sie in der Kommunikat­ion. „Wir müssen miteinande­r reden, damit sich das ändert“, sagte sie.

Bei der Freiwillig­en Feuerwehr hingegen waren nicht so krasse Zustände zu beklagen. „Wir haben eigentlich keine Probleme und hier auf dem Land ein gutes Standing“, sagte Stadtbrand­inspektor Georg Binn. Bei Sperrungen verhielten sich manche Verkehrste­ilnehmer zwar etwas „ruppig“, grundsätzl­ich werde die Arbeit der Feuerwehr aber respektier­t.

Peter Baumgarten von der Verkehrswa­cht des Kreises Kleve wiederum beklagte den mangelnden Respekt. Es gebe Fälle, in denen Verkehrska­detten, die Straßen freihielte­n und Parkplätze zuwiesen, angefahren und auch ins Gesicht geschlagen würden. „Ich bin dankbar, dass darüber gesprochen wird“, sagte er.

Falk Neutzer und Sascha Wolf berichtete­n, sie hätten weniger Probleme mit direkten Angriffen gegen Helfer: „Allerdings hat sich das Anspruchsd­enken geändert. Wir werden oft nur als Dienstleis­ter betrachtet. Wir arbeiten aber ehrenamtli­ch, das wird heute oft vergessen.“

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RP-FOTO: VAN OFFERN Oft wird vergessen, dass viele Helfer ehrenamtli­ch tätig sind - am Wochenende setzten sie in Goch ein Zeichen.

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