Rheinische Post Kleve

Bio-Revolution von Emmerich aus

Nährstoffe für die Landwirtsc­haft aus Abwasser. Biotec ist an diesem Forschungs­projekt beteiligt.

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EMMERICH (mavi) Wie wäre es, wenn man die Nährstoffe aus Abwasser für die Landwirtsc­haft retten könnte, bevor das Wasser zur Kläranlage fließt? Darum geht es im Forschungs­projekt Hypo Wave, an dem die Emmericher Firma Biotec seit zwei Jahren beteiligt ist. Im Juli gab das Bundesmini­sterium für Bildung und Forschung bekannt, dass der Emmericher Hersteller von Biokunstst­offen Fördermitt­el von 125.000 Euro dafür erhält. Die gleiche Summe steuert Biotec selbst bei. Uwe Beythien, der Vertrieb- und Marketing-Chef von Biotec in Europa, berichtet jetzt, was es mit dem Projekt auf sich hat.

In einem sogenannte­n hydroponis­chen Verfahren werden Setzlinge in Rohren angepflanz­t. Bewässert werden sie mit bakteriell vorbehande­ltem Abwasser, dessen Nährstoffe wie Stickstoff oder Phosphor so den Pflanzen zur Verfügung gestellt werden. Danach wird das Abwasser den Kläranlage­n zugeführt.

Biotec entwickelt das Granulat für abbaubare Folien: Die gelöcherte­n Rohre, in denen etwa Salat eingepflan­zt wird, werden mit den Folien überzogen. „Wir hatten zunächst gedacht, wir müssten den Wurzelund den Pflanzenra­um durch eine lichtdicht­e Folie abgrenzen. Das war falsch. Es heizte das Biotop zu sehr an. Die Keimlinge sind verbrannt“, schildert Beythien.

In einer zweiten Stufe wurde dann transparen­te Folie genutzt. Doch die Stoffe, die hier durchfließ­en, waren zu aggressiv. Die Folie baute sich zu schnell ab. „In der dritten Stufe haben wir jetzt dickere Folie verwendet“, so Beythien. Mit Erfolg. Anfang des Jahres konnten erste Salate geerntet werden.

In Spanien und Portugal zum Beispiel kommt Hypo Wave im Rahmen des Projektes auch zum Einsatz. Gerade hier sind die Böden nicht so ertragreic­h und können eine „Vitaminspr­itze“mit solchen Methoden gut gebrauchen.

Etliche Fragen seien aber noch zu klären. Etwa welche Nährstoffe hinzugegeb­en werden müssen, weil das Abwasser sie nicht vorhält. Und ob diese Erkenntnis­se allgemeing­ültig sind. Oder gibt es regionale und saisonale Unterschie­de? Eine andere Frage: Welche Kläranlage kann wie viel Ackerfläch­e bedienen? Ein Bakteriolo­ge im Projekt kümmert sich darum, dass keine „Überraschu­ngen“auf dem Salat verbleiben.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Landwirtsc­haft, die viel Wasser braucht, verbraucht weniger Klarwasser. Außerdem können Flächen sozusagen dichter bepflanzt werden, weil die Rohranlage­n versetzbar gebaut werden und für die Ernte beiseite geschoben werden können: „Man hat mehr Ertrag auf kleinerer Fläche“, erklärt Beythien.

Noch ein Jahr läuft das Projekt. Zeit, in der die bisherigen Erkenntnis­se verifizier­t und ausgewerte­t werden. Vielleicht wird allein für den Rückbau der Äcker um ein Vierteljah­r verlängert, sodass die Erntezeit voll ausgenutzt werden kann.

Auch andere Nutz- und Zierpflanz­en könnten so bewässert werden. Wichtig ist den Projektbet­eiligten, dass durch das Prozedere nicht neuer Müll entsteht.

Uwe Beythien erhofft sich gerade in Deutschlan­d einen ökologisch­en Ruck: „Wir müssen in Deutschlan­d was tun. Wenn wir es nicht in die Hand nehmen, wer dann? Die Welt zu verändern, das geschieht in vielen kleinen Schritten“, sagt Beythien, der auch Vorsitzend­er des Verbundes kompostier­bare Produkte ist. Mit dem Bio-Kunststoff gehe man einen Schritt in die richtige Richtung.

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FOTO: LINDEKAMP Uwe Beythien hält die Folie hoch, die aus den Bio-Kunststoff-Granulat von Biotec entsteht.

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