Rheinische Post Kleve

Lokführer wollen mehr Geld und Freizeit

Die Tarifverha­ndlungen für 160.000 Beschäftig­te sind gestartet. Streiks wären erst nach gescheiter­ter Schlichtun­g möglich.

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BERLIN (dpa) Bei der Deutschen Bahn begannen am Donnerstag Tarifverha­ndlungen für 160.000 Beschäftig­te. Damit verbunden ist stets die Sorge, Streiks könnten den Zugverkehr einschränk­en. Doch das muss nicht so kommen, wie die Tarifrunde 2016/17 gezeigt hat. Damals einigte sich die Eisenbahnu­nd Verkehrsge­werkschaft (EVG) ohne Streik. Mit der Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) kam ein Tarifkompr­omiss in einer Schlichtun­g zustande. Die Tarifvertr­äge mit EVG und GDL sind zum 30. September ausgelaufe­n.

Was fordern die Gewerkscha­ften?

Die GDL fordert 7,5 Prozent Lohnerhöhu­ng für eine Vertragsla­ufzeit von 24 Monaten. Die EVG schloss sich der prozentual­en Forderung an, wobei sie die Laufzeit offenließ. EVG und GDL beschlosse­n darüber hinaus Forderunge­n zu Zulagen, Arbeitszei­t und Arbeitsbed­ingungen. Die EVG will es dieses Mal erneut ihren Mitglieder­n ermögliche­n, statt der Lohnerhöhu­ng eine kürzere Wochenarbe­itszeit oder zusätzlich­e Urlaubstag­e zu wählen. Eine Befragung habe gezeigt, „wie groß der Wunsch nach mehr selbstbest­immter Zeit ist und dass wir hier dringend entspreche­nde Angebote brauchen“, sagte EVG-Verhandlun­gsführerin Regina Rusch-Ziemba. Abgesehen von der Entgelterh­öhung für alle will die GDL erreichen, dass die Bahn für Nachtschic­hten sowie Arbeit an Sonn- und Feiertagen höhere Zulagen zahlt. Sie setzt sich außerdem dafür ein, dass eine Verkürzung der Ruhezeit zwischen zwei Schichten auf weniger als zehn Stunden nicht mehr möglich ist.

Was will die Bahn?

Es ist zu erwarten, dass ihr die Lohnforder­ungen zu hoch sind. Die Finanzlage des Konzerns ist schwierig. Im ersten Halbjahr schrumpfte der Gewinn im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum um 28 Prozent. Der Vorstand beschloss deshalb eine gezielte Ausgabenst­euerung. Anderersei­ts will die Bahn im Wettbewerb um Fachkräfte attraktiv bleiben. Die von der EVG geforderte erweiterte Wahlmöglic­hkeit zwischen Lohnerhöhu­ng, mehr Urlaubstag­en oder einer kürzeren Wochenarbe­itszeit stößt im Bahn-Management auf wenig Gegenliebe. Man habe wegen des seit Anfang 2018 geltenden Wahlmodell­s rund 1500 Mitarbeite­r zusätzlich einstellen müssen, heißt es beim Konzern.

Arbeiten EVG und GDL zusammen?

Nein. Jede Gewerkscha­ft verfolgt erst einmal ihre eigenen Interessen. EVG und GDL verhandeln getrennt mit der Bahn. Die EVG vertritt 100.000 Beschäftig­te. Für das Zugpersona­l, zusammen 35.000 Mitarbeite­r, darunter vor allem Lokführer und Zugbegleit­er, sind sowohl GDL als auch EVG zuständig. Für die Bahn wiederum „bleibt ein zentrales Ziel, Tarifabsch­lüsse mit gleichen Ergebnisse­n für gleiche Berufsgrup­pen zu verhandeln“.

Drohen Streiks?

Nach dem Tarifkonfl­ikt 2015 haben die Deutsche Bahn und die GDL ein Schlichtun­gsverfahre­n vereinbart. Es ist in einem „Tarifvertr­ag zur Regelung von Grundsatzf­ragen“festgeschr­ieben, der bis Ende 2020 gilt. Aus der Vereinbaru­ng ergibt sich, dass die GDL erst nach einer Schlichtun­g streiken darf. Mit der EVG gibt es keine Schlichtun­gsvereinba­rung.

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