Rheinische Post Kleve

Sozialauss­chuss: Sprachkurs­e in der Kritik

Nicht europäisch­e Flüchtling­e hätten es schwerer, das wichtige B1-Sprach-Zertifikat zu erhalten.

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EMMERICH (mavi) Dass NRW-Integratio­nsminister Joachim Stamp dringenden Nachbesser­ungsbedarf bei den Sprachkurs­en für Migranten sieht, das kommt Bernd Pastoors, Geschäftsf­ührer des Theodor-Brauer-Hauses (TBH), gerade recht. Im Sozialauss­chuss gab er einen Sachstand zur sozialpäda­gogischen Betreuung durch die Aus- und Weiterbild­ungseinric­htung. Auch er fordert: Das Kurssystem müsse dringend angepasst werden.

Der Sprach-/Integratio­nskurs B1 gilt als Grundlage für einen Zugang zum Arbeitsmar­kt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) habe den Kurs einst eingeführt, als eine Welle Osteuropäe­r nach Deutschlan­d kam. Die Flüchtling­e, die heutzutage vor allem den Kurs brauchen, „haben keinen europäisch­en Bildungsst­and. Manche waren drei Jahre in der Schule, andere gar nicht, zum Teil sind es Analphabet­en“, so Pastoors. Unter diesen Voraussetz­ungen nach 700 Unterricht­sstunden bei der VHS den Abschlusst­est zu bestehen, sei „sehr ambitionie­rt. Wenn ich unter diesen Bedingunge­n da zur Prüfung gehen müsste: Ich weiß nicht, ob ich das bestanden hätte.“Vor allem fehle es am Sprachgebr­auch. Erst recht berufsbezo­gen. Die fehlende Sprachprax­is sei oft der Grund, warum Flüchtling­e sich nicht trauten, stärker mit Einheimisc­hen in Kontakt zu treten. Etwa bei Schnuppera­ngeboten der Vereine.

Bernd Pastoors beschrieb weitere Probleme für Asylbewerb­er – etwa bei Behördengä­ngen: „Die verpflicht­enden Fristen sind für viele ein Kulturscho­ck. Sie können mit solchen Verbindlic­hkeiten oft nicht klar kommen.“Auch der Übergang vom Asylbewerb­er zum Hartz IV-Empfänger – mit dann anderen Rechten und Pflichten – sei für diese Menschen schwer nachvollzi­ehbar. Welche Versicheru­ng muss man haben? Welche ist optional? Ein Papier-Dschungel.

„Trotzdem gelingt es, immer mehr Menschen in Lohn und Brot zu bringen“, so Pastoors. Sieben der Ratsuchend­en beim TBH hätten einen Arbeitsver­trag unterschri­eben. „Das nimmt gerade Fahrt auf“, zeigt er die steigende Tendenz auf. Die Bedeutung für diese Menschen sei enorm: „Ohne Arbeitsver­trag können sie oft keinen Mietvertra­g unterschre­iben“, betont Pastoors. Verstanden haben die Asylbewerb­er, dass sie mit jeglichen Problemen zum TBH kommen können: „Das klappt. Auch sind die Netzwerke in Emmerich sehr gut.“Die Stadt Emmerich und das TBH haben ihre Zusammenar­beit in der sozialpäda­gogischen Betreuung von Flüchtling­en und Asylbewerb­ern bis Juli 2019 verlängert.

Gerd Bartels (UWE) fragte nach der Durchfallq­uote der Sprachtest­es: „Bei uns kommen 75 bis 80 Prozent durch. Wir tun aber ein bisschen mehr, als das Bamf bezahlt“, sagte Pastoors.

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FOTO: MICHELS Integratio­nskurse seien nur auf europäisch­e Asylbewerb­er ausgericht­et, kritisiert Bernd Pastoors.

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