Ifo-Chef fürchtet Staatspleite in Italien
Ohne Kurskorrektur droht dem Land ein Absturz, warnt Clemens Fuest. Auch die Euro-Wächter sind alarmiert, denn ein italienischer Staatsbankrott würde das Bankensystem in ganz Europa erschüttern – mit unabsehbaren Folgen.
FRANKFURT (rtr) Die Europäische Zentralbank will Italien im Falle von Zahlungsproblemen Insidern zufolge nicht als Nothelfer unter die Arme greifen. Dies könne sich nur ändern, wenn die Regierung in Rom unter den EU-Rettungsschirm schlüpfe, sagten mehrere Euro-Wächter der Nachrichtenagentur Reuters. Damit wären – wie bei Griechenland – harte Spar- und Reformauflagen verbunden. Aus Sicht von Ifo-Chef Clemens Fuest droht Italiens Wirtschaft ohne Kurskorrektur ein Absturz und dem Staat die Pleite.
EZB-Chef Mario Draghi fährt seit Jahren als Reaktion auf die Finanzund Griechenland-Krise eine ultra-lockere Geldpolitik, von der auch die schuldengeplagten Länder im Süden Europas profitiert haben. Die Insider sagten nun aber, Italien könne nicht auf die EZB zählen, wenn es darum gehe, Investoren zu beruhigen oder den Geldhäusern zur Seite zu springen. Ansonsten würde die Glaubwürdigkeit der Notenbank irreparabel beschädigt und der Rückhalt für die Währungsunion in Ländern wie Deutschland schwinden.
Draghi forderte am Freitag in einer Mitteilung zur IWF- und Weltbank-Tagung die Euro-Länder auf, die Fiskalregeln einzuhalten. Der wirtschaftliche Aufschwung solle auch dafür genutzt werden, wieder Haushaltspuffer aufzubauen. „Dies ist vor allem in Ländern wichtig, in denen die Staatsschulden hoch sind.“Für diese sei die volle Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts entscheidend. Die EU-Regeln sehen unter anderem eine Obergrenze für die Schuldenquote von maximal 60 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung vor. Italien sitzt aber bereits auf einem Schuldenberg von mehr als 130 Prozent – nur Griechenland kommt in der Euro-Zone auf einen noch schlechteren Wert.
Die neue Regierung in Rom aus populistischer 5-Sterne-Bewegung und rechter Lega plant aber eine höhere Neuverschuldung – und ist damit auf Konfrontationskurs mit der EU-Kommission. Diese mahnt weniger Ausgaben an. Das italienische Parlament hat das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts gerade auf die Zeit nach 2021 verschoben. Bisher wurde hier 2020 angepeilt. Für 2019 strebt die neue Regierung eine Defizitquote von 2,4 Prozent an – drei Mal so viel wie die Vorgängerregierung.
Die Finanzmärkte reagieren entsprechend nervös. Italien muss Anlegern bei der Platzierung von Staatsanleihen inzwischen deutlich höhere Zinsen bieten, um an Geld zu kommen. Die EU-Regeln verbieten es der EZB, einem Land zur Hilfe zu kommen, es sei denn, dieses hat einem Rettungsprogramm der EU-Partner zugestimmt. Dann könnten die Euro-Wächter beispielsweise gezielt italienische Staatsanleihen aufkaufen, um einen Renditeanstieg einzudämmen. Das sieht ein 2012 auf dem Höhepunkt Verschuldung Mit 2,3 Billionen Euro hatte Italien im ersten Quartal 2018 die höchste Staatsverschuldung Europas, vor Frankreich (2,25 Billionen Euro) und Deutschland (2,1 Billionen Euro).
Anleihen Neben italienischen halten auch deutsche, französische oder spanische Banken italienische Staatsanleihen. der Euro-Krise beschlossenes Notfallwerkzeug vor. Dieses kam allerdings bislang noch nie zum Einsatz.
Italien ist auch wegen Problemen seiner Banken anfällig. Diese haben italiensche Staatsanleihen im Volumen von 375 Milliarden Euro in den Büchern. Die Institute setzen die Titel unter anderem im Rahmen der üblichen Geldversorgung über die EZB als Sicherheiten ein. Doch sollte Italien bei den Rating-Agenturen das Gütesiegel Investment Grade einbüßen, könnten die Papiere nicht mehr als Pfänder genutzt werden. Ifo-Chef Fuest verwies auf die vielfältigen Geschäftsbeziehungen italienischer Institute zu Banken in anderen europäischen Ländern. „Ein italienischer Staatsbankrott würde das Bankensystem in ganz Europa erschüttern.“Darin liege ein Erpressungspotenzial. Die europäische Bankenaufsicht solle daher Maßnahmen ergreifen, um die Finanzstabilität zumindest im Rest der Euro-Zone aufrechtzuerhalten.