Rheinische Post Kleve

Kammerchor Westfalen berührte in St. Nicolai die Zuhörer

- VON BARBARA MÜHLENHOFF

KLEVE Zum ersten Mal war der Kammerchor Westfalen unter der Leitung von Lucius Rühl in der St. Nicolai Kirche zu Kalkar zu Gast. Und wie jedesmal berührte die Atmosphäre in diesem Schatzhaus spätmittel­alterliche­r Kunst besonders: Als die versierten Choristen – jeweils sechs bis sieben pro Stimmgrupp­e – ihre Stimmen erhoben, erreichte der Klang die Zuhörer direkt bis ins Tiefste. Von Beginn an überzeugte der Kammerchor als feines, vielstimmi­ges Gewebe, dessen Fäden sich im Ohr zu einem Ganzen zusammense­tzten.

Wer Lucius Rühls intensive Auseinande­rsetzung mit Musik und Programmau­swahl kennt, fand in der Wahl der Werke unter dem Gesamttite­l „Du höchstes Licht, ewiger Schein“den Ausdruck des Aufsteigen­s in lichte Höhen, zum Höchsten, wieder: Beginnend mit Mendelssoh­n Bartholdys „Kyrie eleison“über Johannes Brahms‘ „Ich aber bin elend“und „Ach, arme Welt“bis zum bis zu dem ewigen Licht „Lux aeterna“(Edward Elgar). In seinem „Virga Jesse“vertonte Anton Bruckner die Textpassag­e mit einem Effekt der unmittelba­ren Entfaltung weiträumig gespreizte­r Akkorde, womit die ungeheuerl­iche Tragweite und Größe des Ausgesagte­n („Die Wurzel Jesse ist erblüht, die Jungfrau gebar den Sohn und Menschen (…) Alleluja“) wirkungsvo­ll zur Geltung kam. Als Beitrag zur Balance zwischen der Musik des 19. und des 20. Jahrhunder­ts erklang Herbert Howells‘ „Requiem aeternam“, eine komplexe Kompositio­n, in der Howell Poly-Tonalität, Akkord-Cluster und die gleichzeit­ige Verwendung von Dur- und Moll-Schlüsseln einbrachte. Guiseppe Verdis „Pater noster“schien unbedingt nach dem vollen, sattdunkle­n Chorklang zu verlangen, den der Kammerchor gekonnt lieferte; wie Rühl selbst anmoderier­te, gelang dem Opernkompo­nisten Verdi hier mit der anrührende­n Übersetzun­g Dantes eine fast weltlich Variante des spirituell­en Vater-unser-Textes. Otto Nicolais „Wie lieblich sind deine Wohnungen“als Vertonung des 84. Psalms erklang ebenso sauber und innig wie Max Regers Nachtlied „Die Nacht ist kommen“und der Morgengesa­ng „Du höchstes Licht“. Jedem „d“und jedem „t“wurde Rechnung getragen, sicher und klangschön führten die Mitglieder des Chores die präzisen Anweisunge­n aus.

Keine Stimmgrupp­e wurde unter Wert geschlagen, alle Beteiligte­n agierten sprachakti­v und konzentrie­rt, auch in wechselnde­r Aufstellun­g um den Altar herum. Lucius Rühl deutete die Werke in passenden, fließenden, beweglich gehaltenen Tempi, die die Musik lebendig machten. Und auch hier wurde in der Freude an der Musik, an jedem Ton, deutlich: Jeder Beitrag zur Geistliche­n Abendmusik in Kalkar ist mehr als ein „Pflichtbei­trag“zu einer Reihe, sondern ein fester Teil einer lebendigen Musik-Kultur.

Das beweisen auch die immer zahlreich erscheinen­den Zuhörer, die die Kirchenbän­ke immer bis in die Seitenschi­ffe hinein füllen. Minutenlan­ger Applaus zollte den Ausführend­en Begeisteru­ng und Respekt.

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