Ein würdiger Abschluss mit Humor
Kurhaus: Herman Koch las aus seinem neuen Buch „Der Graben“.
KLEVE Es war der würdige Abschluss eines besonderen Literaturherbstes: Herman Koch, niederländischer Schriftsteller und Schauspieler, präsentierte im Museum Kurhaus mit bissigem Humor, pointierten Tabu-Brüchen und charmantem niederländischen Akzent sein neues Buch „Der Graben“. Im launigen Gespräch mit Ludger Kazmierczak gab er zudem spannende Einblicke in das Leben eines „Literatur-Superstars“, wie der WDR-Journalist ihn vorstellte. Verwunderlich aber ist der Titel nicht, schließlich sagte schon Stephen King: „Herman Koch ist in kürzester Zeit einer meiner Lieblingsautoren geworden.“
In zwei Abschnitte teilte Koch seine Lesung, in der er den knapp 180 Zuhörern zwei Kapitel vorstellte. Während der Pause signierte er Exemplare seines Werkes. Der satirische Roman „Der Graben“handelt von dem exzentrischen Bürgermeister der Stadt Amsterdam, Robert Walter, der manisch vermutet, dass seine Frau eine Affäre mit seinem Erzfeind pflegt. In den schier endlosen Gedankenspielen über mögliche Seitensprünge seiner Gattin Sylvia verliert er sich und den Sinn für die Realität. Jedes Detail im Verhalten seiner Frau wird interpretiert.
„Der Graben“sei ein Werk über Vorurteile, meint Koch. So ist Sylvia Südländerin, dem Vorurteil nach dürfte sie „temperamentvoll und heißblütig“sein, doch ihr Heimatland wird nicht verraten, um irreführende Assoziationen zu vermeiden. „Häufig versuchen wir, Vorurteile auszublenden. Dabei schützen sie uns auch“, sagt Koch. Politisch korrekt ist Koch in seinem Buch selten, legt darauf allerdings auch keinen Wert: „Die Figuren denken und sagen, was wir manchmal auch denken, aber nicht sagen.“So klagt er den „modernen Faschismus“an, der sich aus „blutleeren“Veganern, „zwanghaften“Tierschützern und den Anhängern der Windkraft zusammensetze. Das Publikum reagierte mit verhaltenem Gelächter, weshalb Koch entgegnete: „Der Humor geht in anderen Ländern eben weiter.“
Koch, geboren in Arnheim, wohnt bereits seit vielen Jahren in Amsterdam und sagt über die Stadt: „Ich bin ein Kind Amsterdams. Eine richtige Stadt aber ist sie nicht, eher ein Bällebad für Erwachsene, eine Spielzeugstadt.“Noch treffender formulierte er es in seiner Muttersprache: „Amsterdam ist ein „pannekoekenhuis.“
Dennoch könne er sehr gut nachvollziehen, wie der Arbeitsalltag eines Bürgermeisters aussieht. Diesen zeichnet er in seinem Roman als eitel und wenig sympathisch. „Irgendwie tut er uns aber auch leid“, sagt der Autor. „Das Buch ist ein Test, wie lange ich noch mit dem Protagonisten sympathisieren kann. Denn wenn ich das nicht mehr tue, kann der Leser das auch nicht“, sagt Koch. Über die Ergebnisse eines anderen Experimentes wusste er jedoch zu berichten: „Ich habe gemerkt, dass man nach einem Glas Wodka für anderthalb Stunden genial schreiben kann.“
Am 3. November sendet WDR5 im „Ohrclip“eine zweistündige Zusammenfassung aller Lesungen.