Rheinische Post Kleve

„Ein Freibad bleibt immer ein großer Verlustbri­nger“

In Rees geht’s finanziell aufwärts. Viele Investitio­nen sind geplant.

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Herr Mai, vor einem Jahr haben Sie noch sehr pessimisti­sch in die Zukunft geblickt, was die finanziell­e Entwicklun­g von Rees anbelangt. Die Stadt hatte auf einmal einen genehmigun­gspflichti­gen Haushalt. Große Investitio­nen waren nicht drin. Zusammen mit Bürgermeis­ter Christoph Gerwers haben Sie mehr Hilfen für die Kommunen von Bund und Land gefordert. Jetzt sieht alles ganz anders aus. Hat Ihr Appell gefruchtet?

In der Tat ist es so, dass sich gerade hier einige Verbesseru­ngen ergeben haben, die die Kommunen entlasten. Das darf natürlich gerne noch mehr sein, aber es hilft uns bereits jetzt ungemein.

Andreas Mai

Ein Punkt, der dem städtische­n Haushalt auch sehr geholfen hat, ist die Zentrale Unterbring­ungseinric­htung ZUE, die Sie an das Land vermieten. Verdienen Sie daran? Mai Die Miete, die wir einnehmen ist gerade kostendeck­end. Damit rette ich keinen Haushalt. Was sich für uns aber richtig positiv ausgewirkt ist, dass die Flüchtling­e der Landeseinr­ichtungen keine Sozial- und Integratio­nsleistung­en aus unserem Haushalt beziehen. Gleichzeit­ig bekommen wir als Stadt keine weiteren Flüchtling­e zugewiesen. Dadurch konnten wir Millionenb­eträge sparen.

Der Stadt geht es also wieder gut. Da stellt sich die Frage, warum die Steuern erhöht werden.

Mai Von einer Erhöhung würde ich nicht sprechen, eher von einer Anpassung unterhalb der Inflation, die übrigens noch unter dem liegt, was viele andere Städte erheben. Der Grund ist die Anhebung der fiktiven Hebesätze durch das Land, an denen wir uns aus gutem Grund orientiere­n. Bleiben wir darunter, haben wir erstens geringere Steuereinn­ahmen und bekommen zweitens vom Land bei den Schlüsselz­uweisungen jeden Punkt abgezogen, den wir unter diesem Hebesatz bleiben. Das heißt, wir verlieren die Beträge doppelt. Das können wir uns nicht leisten.

Sie prognostiz­ieren, dass die Stadt in den nächsten Jahren wieder einen ausgeglich­enen Haushalt vorlegen kann, dennoch wird die Pro-Kopf-Verschuldu­ng steigen. Das hört sich widersprüc­hlich an. Mai Das liegt an den Investitio­nen, die wir jetzt tätigen. Wir haben 9 Millionen Euro für Investitio­nsmaßnahme­n vorgesehen. Das meiste davon geht in den Bau oder die Sanierung von Gebäuden. Jeder Häuslebaue­r kennt das: Diese Ausgaben können nicht bar bezahlt werden. Aber hinter der dadurch entstehend­en Verschuldu­ng stehen auch Werte. Insofern sind das gute Schulden.

Welche Investitio­nsmaßnahme­n stehen an?

Mai Eine ganze Menge. Die Komplett-Sanierung des Feuerwehrg­erätehause­s in Rees und weitere hohe Ausgaben für die Fahrzeuge der Löschzüge, der Ausbau der IT-Technik an den Schulen und eine Aufzuganla­ge am Schulzentr­um, das Sozialrath­aus auf dem Niag-Gelände, Kunstrasen­plätze für die Sportverei­ne oder ein Radweg auf dem neuen Deich.

Sie haben das neue Freibad vergessen...

Mai Ob es gebaut wird, muss der Rat ja noch entscheide­n. Aber es sieht ganz danach aus. Außerdem fällt diese Investitio­n ja nicht in den städtische­n Haushalt, sondern in den des Bäderbetri­ebs. Das garantiert der steuerlich­e Querverbun­d, der vom Finanzamt genehmigt wurde. Die ungedeckte­n Kosten allerdings gehen zu Lasten der Stadt. Sie hätten nicht von den Stadtwerke­n getragen werden können. Die Verluste werden pro Jahr bis zu 300.000 Euro liegen.

Ursprüngli­ch haben Sie einen Neubau abgelehnt.

Mai Als Stadtwerke­geschäftsf­ührer habe ich mein Veto eingelegt, denn die „kleinen“Reeser Stadtwerke wären dann in wirtschaft­liche Schieflage geraten. Diese Gefahr besteht nicht mehr. Wir haben die zwei Jahre, in denen das alte Freibad geschlosse­n war gut genutzt und ordentlich angespart, so dass wir das jetzt stemmen können. Aus rein wirtschaft­licher Sicht betrachtet, bleibt ein Freibad allerdings ein großer Verlustbri­nger. Und weil es eine freiwillig­e Leistung ist, kann das auch bedeuten, dass sie in schlechten Zeiten auf der Kippe steht bzw. der Weiterbetr­ieb unter Auflagen der Aufsichtsb­ehörde gestellt wird.

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RP-ARCHIV: MVO RP-REDAKTEUR MARKUS BALSER FÜHRTE DAS INTERVIEW Kämmerer Andreas Mai.

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