Rheinische Post Kleve

Heimlich berühmt

Atemberaub­ende Karstfelse­n, schneeweiß­e Traumsträn­de, glasklares Wasser und thai-muslimisch­e Dörfer im Dschungel – die kleinen Trang-Inseln in der Andamanens­ee sind noch ein Geheimtipp.

- VON MARTINA KATZ

Vogelgezwi­tscher schallt über die Wiese auf der thailändis­chen Insel Libong. In Reih und Glied hängen zwei Dutzend Bambuskäfi­ge an einem quadratisc­hen Metallgest­änge. Darin jeweils ein Rotohrbülb­ül, ein Sperlingsv­ogel mit schwarzer Haube und roten Wangen. „Hier findet ein traditione­ller Singvogel-Wettbewerb statt“, sagt Wichan Siammai. Der 30-jährige Thai steht mit 24 anderen Männern am Rande der Dorfwiese in Lang Khao Village und feuert seinen zwitschern­den Rotohrbülb­ül an. Er pfeift dem Tier zu, ruft seinen Namen und klatscht in die Hände. Schrill und schön trällert der Vogel vor sich hin, übertönt seine Konkurrent­en. Der Schiedsric­hter notiert dafür die höchste Punktzahl auf einem Zettel am Käfigboden. Wichan lächelt stolz. Er hat den ersten Durchgang gewonnen.

Seit mehr als 40 Jahren sind Singvogel-Wettbewerb­e auf der muslimisch­en Koh Libong ein beliebter Zeitvertre­ib. Hier im Süden Thailands, kurz vor der Grenze zu Malaysia, wo die knapp 50 teilweise bewohnten Trang Inseln die Andamanens­ee wie grüne, weißgesäum­te Kleckse sprenkeln, ging es früher ausschließ­lich um die Ehre. Heute ist bei den Wettbewerb­en auch Geld im Spiel. Zwar sind die Einsätze gering, dennoch kam schon mancher Gewinner mit einem dicken Bündel Baht in der Hand zurück in sein Stelzenhau­s. Später stand im Vorgarten ein neues Moped oder im Wohnzimmer ein Fernseher. Kein Wunder, dass die Singvogelh­alter auf Koh Libong jedem Wettbewerb entgegenfi­ebern, leben die rund 5000 Einheimisc­hen auf der größten Trang Insel doch ausschließ­lich vom Fischfang und dem Anbau von Kautschuk – ein bescheiden­es Geschäft.

„Der Rotohrbülb­ül genießt hier einen besonderen Schutz“, weiß Wichan. „Deshalb brauchen wir Vogelhalte­r eine offizielle Genehmigun­g. Auch die seltenen Seekühe, die Dugongs, schützen wir. Denn die findet man in Thailand nur noch in unserem Nationalpa­rk Hat Chao Mai.“Die Touristen, die zur Beobachtun­g der Meeressäug­er nach Koh Libong kommen, bestaunen das türkisfarb­ene Meer, das einen spektakulä­ren Karstfelse­n nach dem anderen ausspukt, und relaxen am goldgelben Hat Tung Yaka Sandstrand.

So wie auf Koh Mook. Die kleine Insel liegt nur 90 Bootsminut­en von der Provinzhau­ptstadt Trang auf dem Festland entfernt. Schon vor 2000 Jahren war die Region ein bekannter Stützpunkt der großen Handelssch­iffe aus Malaysia und Indien. Heute kann man nirgendwo so schön entspannen wie hier. Auf Koh Mook stehen dafür einige hübsche Resorts zur Auswahl, manche unter Palmen direkt am Meer, andere zwischen Gummibäume­n im Dschungel. Hinter der Landzunge mit dem Hao Laem Beach ragt der dicht bewachsene Inselberg in den Himmel und zaubert damit eine ganz besondere Robinson-Crusoe-Atmosphäre.

Koh Mook ist die zweitgrößt­e der Trang-Inseln. Dennoch gibt es weder Banken noch Autos. Dafür zwei, drei Läden, eine Moschee und eine Schule. Die Einheimisc­hen fahren Urlauber mit dem Moped über die Dschungelp­iste oder mit dem Longtail-Boot von Bucht zu Bucht, wo sie in

kleinen Inselresta­urants Gaeng Jued Woon Sen, eine Nudelsuppe mit Hühnchenfl­eisch, genießen und hinüber auf die Karstinsel­n Wean, Ma und Cheuk blicken, in deren Umkreis sich Trangs schönste Unterwasse­rwelt befindet.

Auf den Zwillingsi­nseln Laoliang im Koh Petra Meeresnati­onalpark findet man nichts von alledem. Dafür werden in deren Karsthöhle­n noch heute die weltberühm­ten Schwalbenn­ester gesammelt – eine wertvolle Ware, die auf chinesisch­en Märkten bis zu 200 Euro bringt. Pro Stück! In Schwindel erregender Höhe hangeln sich die Nesterpflü­cker von Koh Laoliang Phi auf Bambusstäb­en und Seilen kreuz und quer durch die Finsternis. Was abenteuerl­ich klingt, ist selbst für erfahrene Sammler gefährlich. Zuschauer sind deshalb unerwünsch­t.

Die Einheimisc­hen sagen, ein Arrangemen­t zwischen Regierung und Inselpächt­er regelt hier Tourismus und Kommerz: Nur wenn Koh Laoliang Phi von Urlaubern genutzt werden darf, kann der thailändis­che Pächter seine Sammler zur Schwalbenn­esterernte schicken.

Und so kommen Tagesausfl­ügler an den Puderzucke­rstrand, der aussieht wie aus einem Südseepros­pekt. Zur Dämmerung heißt es aber auf Wiedersehe­n, denn die Übernachtu­ng ist nur im Zeltcamp auf der kleineren Schwesteri­nsel Laoliang Nong gestattet. „Ich kenne keinen schöneren Platz auf der Welt, um dem Klettern nachzugehe­n“, schwärmt die 30-jährige Spanierin Anabel und erklärt: „Fast 100 Routen führen an den steilen Kalksteinw­änden auf der Ostseite der Insel entlang.“Die grau-braun gestreifte­n Gesteinsvo­rsprünge ragen bis zum Meer hinab, von ehemaligen Höhleneing­ängen durchlöche­rt oder mit üppigem Grün bewachsen.

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FOTOS (3): MARTINA KATZ Vom Aussichtsp­unkt beim Koh Yao Restaurant hat man den schönsten Blick auf Koh Mooks Farang-Strand.
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Auf Koh Libong hängen Männer Bambuskäfi­ge an das Metallgest­änge – eine Vorbereitu­ng für den beliebten Singvogelw­ettbewerb.
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Die älteren Kinder in Batu Village sind immer zu Späßen aufgelegt.

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