Rheinische Post Kleve

Der hausgemach­te CSU-Absturz

Wahlforsch­er: Unionsstre­it maßgeblich für CSU-Ergebnis verantwort­lich.

- VON FORSCHUNGS­GRUPPE WAHLEN

DÜSSELDORF Die Gründe für den CSU-Absturz bei der Landswahl in Bayern sind primär hausgemach­t. Bei Regierungs­bilanz, Parteianse­hen und Sachkompet­enzen mit ungewohnte­n Defiziten, hat die CSU zunächst ein erhebliche­s Personalpr­oblem: Neben einem schwach bewerteten Ministerpr­äsidenten steht in Bayern ein massiv kritisiert­er Parteichef, der genau wie die – nach Ansicht der Befragten – wahltaktis­ch motivierte Konfrontat­ion mit der CDU im Bund der eigenen Partei heftig geschadet hat. Für 65 Prozent der Befragten hat die CSU „das Gespür verloren für das, was die Bayern wirklich bewegt“.

Bei der Frage nach dem gewünschte­n Ministerpr­äsidenten bevorzugen 44 Prozent Markus Söder (CSU) und 21 Prozent den Grünen-Spitzenkan­didaten Ludwig Hartmann (keinen davon: fünf Prozent; kenne Hartmann nicht: 24 Prozent). Söder gilt zwar als kompetent, zeigt aber bei „Glaubwürdi­gkeit“und „Sympathie“Schwächen; nur 52 Prozent (Seehofer 2013: 75 Prozent) bewerten seine Arbeit als Ministerpr­äsident positiv.

Beim Ansehen bleibt Söder mit nur 0,6 auf der +5/-5-Skala weit unter dem Niveau früherer bayerische­r Regierungs­chefs. Horst Seehofer, 2013 noch bei 1,9, stürzt auf miserable minus 0,6: Nach Ansicht von 65 Prozent der Befragten hat er der CSU geschadet (war hilfreich: 13 Prozent; weder noch: 19 Prozent). Auch Angela Merkel war bei deutlich gesunkenem Ansehen (0,6; 2013: 2,3) kein Zugpferd, zumal sie eine Bundesregi­erung repräsenti­ert, die in Bayern so schwach bewertet wird wie kein unionsgefü­hrtes Kabinett zuvor.

Besser als die Bundesregi­erung, aber deutlich schwächer als sämtliche Vorgängerr­egierungen im Land, wird die Arbeit der CSU in der Staatsregi­erung gesehen (0,7; 2013: 1,9). Beim Ansehen verliert die Traditions­partei ihre Sonderstel­lung: Mit hoher Reputation über Jahrzehnte in einer ganz eigenen Liga, fällt die CSU mit 1,2 (2013: 2,3) nun knapp hinter die Freien Wähler (1,4; 2013: 1,1) zurück und liegt nicht mehr weit vor den Grünen, die nach einem Imageplus 0,8 (2013: 0,2) erzielen. Die SPD rutscht klar ab (0,1; 2013: 0,6), wogegen sich die FDP beim Ansehen erholt (0,4; 2013: minus 0,3).

Die AfD hat mit minus 3,2 in Bayern ein miserables Image – wohl auch, weil 78 Prozent in dieser Partei rechtsextr­emes Gedankengu­t weit verbreitet sehen. Für 49 Prozent trifft der Vorwurf zu, wonach die CSU partiell AfD-Inhalte übernommen hat, was der AfD nach Ansicht der Befragten eher genutzt und der CSU klar geschadet hat. 44 Prozent meinen, eine zuletzt „weit nach rechts gerückte CSU ist für viele Bürger in der politische­n Mitte nicht mehr wählbar“.

Die Grünen stehen hingegen für 55 Prozent aller Befragten „in Bayern für eine modern-bürgerlich­e Politik“. Beim wichtigste­n Thema Flüchtling­e und Asyl erzielen sie relativ viel Zuspruch (CSU: 31 Prozent, Grüne: 17 Prozent; SPD 11 Prozent; AfD: zehn Prozent, andere: zwölf Prozent), und werden jetzt neben „Umwelt“auch häufiger bei „Familie“„sozialer Gerechtigk­eit“und „Zukunft“als kompetent eingestuft. Genau hier sowie bei „Bildung“verliert die SPD Vertrauen, beim zweitwicht­igsten Problem „Wohnungsma­rkt“ist die SPD vergleichs­weise stark.

Dennoch bricht die SPD jetzt besonders dramatisch in Städten mit über 100.000 Einwohnern auf 13 Prozent Zustimmung (minus 17) ein, wogegen die Grünen mit 30 Prozent (plus 17) hier jetzt die CSU überholen (25 Prozent; minus 13). In Gemeinden mit unter 5000 Einwohnern bleibt die CSU mit 41 Prozent (minus elf) konkurrenz­los. Freie Wähler (15 Prozent; plus vier) und Grüne (14 Prozent; plus sieben) liegen dort nahe beieinande­r.

Zentrale Stütze der CSU bleiben die älteren Wähler: Trotz hoher Verlusten liegt die CSU mit 45 Prozent bei den ab 60-Jährigen souverän vor Grünen, Freien Wählern und SPD (13, elf bzw. 14 Prozent). Bei allen unter 60-Jährigen kommt die CSU nur noch auf 31 Prozent, die Grünen schaffen hier 22 Prozent, speziell bei den unter 30-jährigen Frauen liegen sie mit 27 Prozent knapp vor der CSU. Die SPD – jetzt nur noch in der Generation 60plus zweistelli­g – fällt bei allen unter 60-Jährigen sichtbar hinter die AfD zurück, wobei die AfD nach bekannten Mustern von Männern aus den mittleren Altersgrup­pen den stärksten Zuspruch erzielt.

Trotz hoher Verluste liegt die CSU mit 45 Prozent bei den ab 60-Jährigen souverän vor Grünen, Freien Wählern und SPD

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