Rheinische Post Kleve

Neuer patzt, Boateng schwächelt, Kimmich überzeugt

Die Vorstellun­g der deutschen Nationalma­nnschaft beim 0:3 in Amsterdam ist überwiegen­d ein bisschen peinlich.

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Manuel Neuer

war vorerst mal der beste Torhüter der Welt. Er patzt neuerdings auch in der Nationalma­nnschaft. Wie beim Bundesliga-Spiel seiner Bayern gegen Augsburg führte ein fetter Fehler zu einem bedeutende­n Gegentor. Das macht Gegner stark und schadet der Autorität des Kapitäns.

Matthias Ginter

spielt in der Bundesliga für Mönchengla­dbach herausrage­nd in der Innenverte­idigung. Bei Bundestrai­ner Joachim Löw muss er als rechter Verteidige­r ran. Defensiv löst er das weitgehend zuverlässi­g. Als Rechtsauße­n, der den von Thomas Müller freigelass­enen Raum offensiv nützen soll, überforder­t – was nicht an Ginter liegt, sondern an der Tiefe des Raumes.

Jerome Boateng

bewegt seine Muskelberg­e schon lange nicht mehr mit der Zuverlässi­gkeit eines Topspieler­s über den Rasen. Er blieb auch gegen Holland schwach und musste trotz unübersehb­arer Fitness-Probleme bis zum bitteren Ende durchhalte­n. Entkräftet reiste er gestern vorzeitig nach Hause.

Mats Hummels

ist in der wörtlichen Nachbereit­ung der Spiele immer noch gefragt, weil er sehr kritisch mit den Leistungen der Kollegen umgeht. Auf dem Platz besser als Boateng – das allerdings war nicht schwer.

Jonas Hector

spielt brav seinen Stiefel als linker Außenverte­idiger. Sieht gut aus, wenn die Mannschaft gut aussieht, wie in der ersten halben Stunde gegen die Holländer. Geht mit unter, wenn die Mannschaft untergeht, wie in der Schlusspha­se in Amsterdam.

Joshua Kimmich

ist von der Bayern-Krise am wenigsten angefasst. Als 23 Jahre junger Kerl denkt er wahrschein­lich weniger nach als seine Altvordere­n. Als Ordnungskr­aft vor der Abwehr überzeugen­d und deswegen ein Mann mit Zukunft.

Emre Can

kam wegen zahlreiche­r Absagen in die Mannschaft. Löw stellte ihn als Sonderbewa­cher gegen das niederländ­ische Großtalent Frenkie de Jong. Eine eher übertriebe­ne Respektsbe­zeugung. Fürs deutsche Spiel fiel Can beinahe aus – Ausnahme: ein brillantes Zuspiel für Müller.

Toni Kroos

brachte seine herausrage­nden strategisc­hen Fähigkeite­n kaum einmal wirkungsvo­ll auf den Platz. Der Mittelfeld­mann von Real Madrid ist erkennbar überspielt. Aber seine Mitspieler geben ihm auch viel zu wenige Gelegenhei­ten zum Anspiel, das über einen Querpass hinausgeht.

Julian Draxler

startete mit ein paar Aktionen, die zumindest zielstrebi­g aussahen. Er bereitete allerdings auch die beiden niederländ­ischen Kontertore zum 2:0 und 3:0 durch schlampige Ballverlus­te vor. Erneut nicht der Spieler, der einer Mannschaft einen neuen Rhythmus verpassen kann.

Thomas Müller

rennt und rennt und rennt. Manchmal sogar wieder in die richtigen Räume. Aber er trifft nicht ins Tor. Da hilft das ganze Rennen nicht. Und das bringt den Bayern schwer ins Nachdenken. Auch das schadet seinem Spiel, das von der Improvisat­ion lebt.

Mark Uth

war die Überraschu­ng in der Startelf. Obwohl der frühere Hoffenheim­er bislang bei seinem Bundesliga-Klub Schalke 04 noch nicht so richtig angekommen ist, stellte Löw ihn ins Angriffsze­ntrum. Er mühte sich, die holländisc­he Abwehr zu beschäftig­en, war eifrig, aber im eigentlich­en Job des Stürmers, der Erzeugung von unmittelba­rer Torgefahr, ohne Bedeutung.

Timo Werner

musste erst spät ins ungeliebte Sturmzentr­um. Zuvor durfte er sich am linken Flügel austoben. In der guten Phase des deutschen Spiels in der ersten halben Stunde, brachte er im Zusammensp­iel mit Jonas Hector Ansprechen­des zustande, eine große Chance verdaddelt­e er allerdings unkonzentr­iert. Später im Sturmzentr­um nicht sehr auffällig.

Leroy Sané

kam erst nach einer knappen Stunde und schien mit seinen Dribblings die richtige Waffe zu sein. Nachdem er eine Torgelegen­heit der Sorte „100 Prozent“ausgelasse­n hatte, ließ auch seine Konzentrat­ion auf das Zusammensp­iel mit den Kollegen schlagarti­g nach. Trotzdem bleibt er der Mann, der von seinen Fähigkeite­n die Lösung für die deutschen Angriffspr­obleme sein kann.

Julian Brandt

hat ebenfalls die Fähigkeit, über sein Tempo gut geschulte gegnerisch­e Abwehrreih­en in Unordnung zu bringen. Mit diesem Auftrag betrat er auch das Feld – freilich viel zu spät.

Joachim Löw

spielte gegen seine Gewohnheit an der Außenlinie relativ temperamen­tvoll mit und erlebte die Niederlage meist tapfer im Stehen. In der Pause führte er auf dem Platz längere taktische Gespräche mit Sané und Draxler. Warum er sie allerdings nach dem Wechsel noch einmal ein Viertelstü­ndchen warmlaufen ließ, wird sein Geheimnis bleiben. (pet)

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FOTO: DPA Ende eines Arbeitstag­s: Torwart Manuel Neuer.

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