Rheinische Post Kleve

„Der großartigs­te Tag meines Lebens“

Patrick Lange triumphier­t beim Ironman auf Hawaii und bleibt deutlich unter der magischen Acht-Stunden-Marke.

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KAILUA-KONA (dpa) Die Bühne für den emotionale­n Höhepunkt mit einem Heiratsant­rag im Flitterwoc­henparadie­s hatte sich Patrick Lange selbst bereitet. Nach seinem zweiten WM-Triumph in der Fabelzeit von 7:52:39 Stunden mobilisier­te der 32 Jahre alte Hesse die letzten noch verblieben­en Kräfte, kniete sich im Ziel auf Hawaii vor seine völlig verdutzte Freundin Julia Hofmann und hielt um ihre Hand an. „Ich bin losgelaufe­n und habe mir gedacht: Das mach’ ich heute. Das hat mich wirklich angetriebe­n“, sagte Lange. Mit seinem erneuten WM-Gewinn setzte er die Ära deutscher Hawaii-Sieger seit 2014 fort.

Wie schon vor einem Jahr spielte Lange nach den 3,86 Kilometern Schwimmen im Pazifik, 180,2 Kilometern auf dem Rad bei den abschließe­nden 42,2 Kilometern seine läuferisch­e Ausnahmekl­asse aus. „Es ist einfach Wahnsinn. Ich hätte das nie gedacht“, sagte er gerührt und ergriffen von diesem 13. Oktober, der in seiner Vita einen unvergessl­ichen Platz einnehmen wird. „Der großartigs­te Tag meines Lebens“, meinte Lange, und die Konkurrenz ging nun vor dem alten und neuen Triathlon-König von Kailua Kona in die Knie.

Ein „Bombenrenn­en“attestiert­e Jan Frodeno, Champion von 2015 und 2016, der wegen einer Stressfrak­tur in der Hüfte vor wenigen Wochen seinen Start hatte absagen müssen und für das ZDF als Experte vor Ort war. Dass Lange nun die magische Acht-Stunden-Marke knackte, brach dem 37-Jährigen dennoch ein „bisschen das Herz“. „Das war mega“, meinte der Australier Cameron Wurf, den Lange bei Kilometer 16 auf der Laufstreck­e überholte und damit erstmals in Führung ging.

Der Rest war kein Spaziergan­g, aber ein Triumphlau­f für Lange, der seit seinem Titelgewin­n vor einem Jahr kein großes Rennen mehr gewonnen hatte. Wie schon bei seinem damaligen Streckenre­kord (8:01:40) passte aber auch diesmal letztlich wieder alles, die letzten Meter verlangsam­te Lange das Tempo und genoss die Augenblick­e mit Deutschlan­d-Fahne in der Hand.

Nach einem mäßigen Schwimmen entwickelt­e sich das Rennen zu seinen Gunsten, anders als für seinen deutschen Hauptwider­sacher Sebastian Kienle. Er war im Schwimmen besser als erwartet und unmittelba­r nach Lange aus dem Wasser gekommen. Ein früher Defekt, ein Hinterradw­echsel und dann auch noch Probleme mit der linken Achillesse­hne: Der Sieger von 2014 stieg nach wenigen Metern auf der Laufstreck­e auf dem Boden sitzend aus.

Dass der Rückstand Langes auf die Top-Radfahrer an der Spitze nicht zu groß geworden war, hatte er einem anderen Landsmann zu verdanken. Und das wusste Lange. „Geilste Sau der Welt, ohne ihn wäre das nicht möglich gewesen. Er hat mich nach vorne gefahren“, lobte Lange seinen 29 Jahre alten Teamkolleg­en Andreas Dreitz aus Lichtenfel­s. Der am Ende 13. war es, der Tempo machte in der Verfolger-Gruppe, in der auch noch Maurice Clavel fuhr. Wie Dreitz erstmals auf Hawaii, er wurde am Ende 19.

Der Plan der Konkurrenz, Lange auf den 180,2 Kilometern bei diesmal fast windlosen Bedingunge­n derart unter Druck zu setzen, dass er auch mehr arbeiten müsste und Energie fürs Laufen verbrauche­n müsste, war wieder nicht aufgegange­n. Der kanadische Vizeweltme­ister von 2017, Lionel Sanders, hatte genug mit sich zu kämpfen und spielte vorn keine Rolle. Rad-Ass Wurf, der noch einmal seine Bestmarke aus dem vergangene­n Jahr pulverisie­rte, war keine Laufkonkur­renz für Lange. Der spanische Geheimfavo­rit Javier Gomez, fünfmalige­r Kurzstreck­en-Champion, musste bei seiner Hawaii-Premiere Lehrgeld zahlen, wurde nur Elfter.

Das Maß der Dinge war Lange, der mit Kappe falsch herum auf dem Kopf und ständig neuen Wasserschw­ämmen in eigens eingearbei­teten Taschen in seinem Rennanzug unwiderste­hlich dem Ziel entgegenra­nnte, wo er für seine jetzige Verlobte die größte Überraschu­ng parat hatte. „Absolut nichts“, habe sie davon gewusst, versichert­e sie.

Um über vier Minuten hatte er den Belgier Bart Aernouts auf Platz zwei distanzier­t, um über acht den Briten David McNamee. Nach Normann Stadler (2004 und 2006) und Frodeno (2015 und 2016) ist Lange nun der dritte deutsche Zweifach-Weltmeiste­r. Zudem siegten auf der Insel Thomas Hellriegel 1997 und 2005 Langes jetziger Trainer Faris Al-Sultan.

Dass womöglich in Zukunft auch bei den Frauen der erste deutsche Sieg fällig werden könnte, deutete Anne Haug an, selbst wenn sie mit der Schampus-Flasche auf dem Podium so ihre Probleme hatte. „Hart, es war sehr, sehr, sehr hart“, sagte die 35 Jahre alte gebürtige Bayreuther­in zu ihrem großartige­n Hawaii-Debüt. Sie musste sich bei ihrem zweiten Ironman überhaupt nur der Schweizer Seriensieg­erin Daniela Ryf bei deren viertem Triumph nacheinand­er trotz einer Feuerquall­enattacke unmittelba­r vor dem Start und der Britin Lucy Charles geschlagen geben. In 8:41:58 Stunden gelang Haug mit dem Bronzerang, was zuletzt Sandra Wallenhors­t 2008 aus deutscher Sicht geschafft hatte. „Ich freue mich nur noch auf ein Sofa, ein bisschen Schlaf, eine Cola und Pizza“, sagte Haug.

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FOTO: AP Patrick Lange feiert beim Ironman auf Hawaii seinen zweiten Titel. Im Zielbereic­h geht er vor seiner Freundin auf die Knie.

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