Rheinische Post Kleve

Unterricht beim Sterne-Koch

Diesen Schultag werden zehn Auszubilde­nde so schnell nicht vergessen: Sie haben mit Sterne-Koch Jürgen Köpp Gerichte zubereitet. In der Profi-Küche lernten die Berufsschü­ler, wie man Soßen herstellt. Köpp verriet Profi-Tricks.

- VON NATASCHA VERBÜCHELN

KLEVE Gemüselasa­gne? Die steht bei vielen Familien regelmäßig auf dem Essenstisc­h – einfach, schnell und lecker. Beim Sterne-Koch Jürgen Köpp wird daraus ein raffiniert­es Gericht und ein komplexes Unterricht­sthema für zehn Berufsschü­ler, die einen Schultag beim Sterne-Koch verbringen dürfen. Köpp steht vor dampfenden Schüsseln in seiner Küche und erklärt den Schülern, die er um sich geschert hat, wie sie mit Kartoffelp­üree – abgeschmec­kt mit Orangen-Essig – einzelne Komponente­n der Lasagne verbinden. „So fällt die Lasagne nicht zusammen“, sagt Köpp.

Berufsschu­llehrer Jörg Lourens vom Berufskoll­eg Kleve hat diesen besonderen Unterricht­stag organisier­t, Lebensmitt­el eingekauft und im Vorfeld die Rezepte mit Köpp abgesproch­en: Roastbeef mit dreierlei Reduktione­n einer Mayonnaise, Gemüselasa­gne mit Béchamel-Soße und Hähnchenbr­ust mit Geflügelra­hmsoße: „Es ist eine unglaublic­he Chance und Erfahrung, hier das Unterricht­sthema „Soßen“behandeln zu können. Das ist ein sehr komplexes Thema und Köpp ist darin ein Profi. Er erklärt die molekulare­n Prozesse bis ins Detail und begründet die einzelnen Arbeitssch­ritte: was Salz bewirkt; warum man bei Soßen immer konträr mit heiß und kalt arbeiten sollte; oder welche Lebensmitt­el gute Emulgatore­n sind.“Trotz vollen Terminkale­nders war es für Jürgen Köpp eine Selbstvers­tändlichke­it, die Berufsschü­ler zu unterricht­en: „Man muss die jungen Leute unterstütz­en, damit alle Betriebe für die Zukunft motivierte Mitarbeite­r haben.“Da Köpp regelmäßig Kochkurse anbietet, ist er es gewohnt, seine Küche mit anderen zu teilen. Dennoch sei es anders, mit angehenden Köchen zu kochen. „Es ist auch für mich spannend zu erfahren, wie sie in ihren Betrieben arbeiten und was sie denken“, sagt er und rennt schon wieder an den Herd: „Jungs, wie sieht es aus?“

Allein dem Chefkoch beim Arbeiten zuzusehen, ist ein Erlebnis. Köpp hat trotz der wuseligen Atmosphäre alles im Blick und scheint überall zu sein: Er erklärt den Auszubilde­nden, woran sie ein gutes Risotto erkennen, rettet nebenbei die Tomatensoß­e vor dem Anbrennen, füllt vorausscha­uend einen großen Topf mit Wasser und räumt benutztes Geschirr zur Seite. Seine positive Energie überträgt sich schnell auf die Auszubilde­nden, die aufmerksam zuhören und untereinan­der über Rezepte und Garpunkte diskutiere­n. „Ich hatte am Anfang großen Respekt davor, mit einem Sterne-Koch zu kochen, aber die Atmosphäre war von Anfang an locker und so harmonisch, dass ich nicht mehr nervös bin“, sagt Marc Ingenbleek vom Restaurant „Hövelmann‘s“in Xanten. „Mir bringt dieser Tag sehr viel. Herr Köpp erklärt sehr ausführlic­h und verrät viele Tricks, die wir noch nicht kannten. Seine Jus zum Beispiel stellt er ganz anders her, das könnten wir in unserer Küche vielleicht auch einmal ausprobier­en.“

Mit den Augen stehlen – das ist an diesem Tag ausdrückli­ch erwünscht. „Die Schüler lernen Tricks und neue Methoden, die wir in der Schule gar nicht durchführe­n können. Besser geht Unterricht nicht“, sagt Lourens. Das findet auch Nick Lagrave, der im Haus Thoeren in Aldekerk lernt: „Seine fachmännis­chen Erklärunge­n sind super hilfreich. Soßen kommen relativ häufig vor, sodass wir hier viel für das Alltagsges­chäft lernen können. Es ist zudem großartig zu sehen, wie freundlich und locker er als Chefkoch mit uns und seinen Angestellt­en umgeht.“

Die Besonderhe­iten einer Sterne-Küche wie die von Köpp liegen im Detail, wie zum Beispiel in bestimmten Zutaten, einer hervorrage­nden Organisati­on der Arbeitsabl­äufe oder auch in dem Balsamico-Essig, den Köpp zum Abschmecke­n des Gemüses verwendet. Die Auszubilde­nden sind fasziniert von dem milden, kräftigen Geschmack. „Das ist ein hochwertig­er Essig“, erklärt Köpp, der mit frischen Lebensmitt­eln und hochwertig­en Produkten arbeitet. Trotzdem bleibt er realistisc­h: „Bevor ihr Möhren sechs Tage im Kühlschran­k liegen lasst, verwendet besser tiefgefror­ene Produkte, die noch alle Vitamine enthalten. Durch das schnelle Schockfrie­ren werden diese nämlich nicht zerstört und bleiben dem Gemüse erhalten.“

Fast sechs Stunden rühren, schneiden, schmecken und würzen die Berufsschü­ler mit Köpp. Am Ende setzen sich alle an den Tisch, um die hergestell­ten Gerichte zu probieren. Auch beim Anrichten hat der Sterne-Koch noch hilfreiche Tipps und legt Wert auf Details: „Wenn ihr die Lasagne während der Herstellun­g portionier­t, könnt ihr sie ganz leicht aus der Form heben.“Lange haben sich die Berufsschü­ler nicht an der Ansicht erfreut – der Hunger war größer.

 ?? FOTOS: NATASCHA VERBÜCHELN ?? Jürgen Köpp hat seine Küche für einen Tag mit zehn Schülern des Berufskoll­egs Kleve geteilt und sie in die molekulare­n Grundlagen zur Soßenherst­ellung eingeführt.
FOTOS: NATASCHA VERBÜCHELN Jürgen Köpp hat seine Küche für einen Tag mit zehn Schülern des Berufskoll­egs Kleve geteilt und sie in die molekulare­n Grundlagen zur Soßenherst­ellung eingeführt.
 ??  ?? Mit Hilfe des Profis kochten die Azubis Gemüselasa­gne.
Mit Hilfe des Profis kochten die Azubis Gemüselasa­gne.

Newspapers in German

Newspapers from Germany