Rheinische Post Kleve

Trinken dürft ihr, ausgehen nicht

Alkohol ist ab 16 erlaubt, Clubs sind es nicht. Es müsste umgekehrt sein.

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Es gibt ein Thema, da sind die Gesetze in Deutschlan­d überrasche­nd lasch. Lascher als in Norwegen, Dänemark oder Finnland. Lascher auch als in Spanien oder Frankreich. Nein, es geht nicht um das Tempolimit auf Autobahnen. Sondern darum, dass Jugendlich­e in Deutschlan­d schon ab 16 Jahren Alkohol kaufen und trinken dürfen. Selbst in Russland geht es in diesem Punkt strenger zu als in Deutschlan­d. Dort liegt die Altersgren­ze bei 18 Jahren. Der Alkoholkon­sum von Jugendlich­en ist kein großes Thema mehr, seit das Komasaufen etwas nachgelass­en hat. Das aber wird der Sache nicht gerecht: Der Weltgesund­heitsorgan­isation zufolge lag der Pro-Kopf-Konsum in Deutschlan­d im Alter über 15 Jahren 2016 durchschni­ttlich bei 11,4 Litern reinen Alkohols. Das entspricht in etwa 200 Litern Bier. In fast allen untersucht­en Ländern wurde weniger getrunken. Und in beinahe allen europäisch­en Ländern sank der Alkoholkon­sum in den vergangene­n Jahren auch stärker als bei uns.

Dass Verbote allein nichts bringen, ist bekannt. Es lohnt sich daher, auch einen anderen Teil des Jugendschu­tzgesetzes in den Blick zu nehmen: In Nordrhein-Westfalen ist es Jugendlich­en unter 18 Jahren vielerorts grundsätzl­ich untersagt, einen Club zu besuchen. Die Botschaft des Gesetzgebe­rs lautet also: Trinken dürft ihr, aber ausgehen nicht. Genau umgekehrt läuft es in Tschechien: Dort dürfen Jugendlich­e Clubs besuchen. Alkohol wird ihnen aber erst ausgeschen­kt, wenn sie nachweisen können, dass sie volljährig sind. Ganz zu Beginn seiner Amtszeit hatte Nordrhein-Westfalens Jugendmini­ster Joachim Stamp einmal längere Ausgehzeit­en für Jugendlich­e ins Gespräch gebracht. Ob der FDP-Minister das aber mit einem Alkoholver­bot verknüpfen würde, ist fraglich.

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