Rheinische Post Kleve

Glyphosat-Streit: Bayer-Aktie stürzt ab

Die Tochter Monsanto muss einem krebskrank­en Amerikaner zwar weniger zahlen, als nach dem Jury-Spruch im August zu befürchten war. Aber die Richterin entlässt Monsanto auch jetzt nicht aus der Verantwort­ung.

- VON GEORG WINTERS

LEVERKUSEN Natürlich sieht es erst mal wie ein juristisch­er Erfolg aus, wenn man von einer Jury zu einer Zahlung von 289 Millionen Dollar (rund 250 Millionen Euro) verurteilt worden ist und die Richterin nach einer erneuten Prüfung des Sachverhal­ts diese Summe auf 78 Millionen Dollar zusammenst­reicht. Doch dem Aktienkurs von Bayer hat die Tatsache, dass die Saatgut-Tochter Monsanto einem krebskrank­en Mann in den USA nur noch ein Viertel der zunächst festgelegt­en Summe zahlen muss, nicht geholfen. Um elf Prozent ist der Aktienkurs des Leverkusen­er Unternehme­ns abgestürzt, weil das grundsätzl­iche Urteil in dem Schadeners­atzprozess in den Vereinigte­n Staaten bestehen geblieben ist.

Die Geschichte um den todkranken Amerikaner Dewayne Johnson hat im August für Schlagzeil­en gesorgt. Johnson, der jahrelang als Hausmeiste­r an Schulen und auf Sportplätz­en gearbeitet hat, führt seine Lymphdrüse­nkrebs-Erkrankung auf den Einsatz des glyphosath­altigen Unkrautver­nichtungsm­ittels Roundup zurück. Der endgültige Ausgang dieses Verfahrens könnte wegweisend für die Erfolgscha­ncen 8700 weiterer Klagen sein, die allein in den USA eingereich­t worden sind. Die Kläger werfen Monsanto vor, sie nicht ausreichen­d vor den gesundheit­lichen Gefahren des Unkrautver­nichters gewarnt oder diese sogar verschleie­rt zu haben.

Mit der Absicht, straffrei aus dem Verfahren herauszuko­mmen, sind Bayer und Monsanto vorerst gescheiter­t. Dabei hatte man vor zwei Wochen noch darauf gehofft, dass die Richterin Suzanne Bolanos tatsächlic­h zu einer anderen Einschätzu­ng kommen könnte als im August die Geschworen­enkammer in San Francisco. Am Ende hat Bolanos aus der Einsicht in die Stellungna­hmen beider Parteien aber vor allem den Schluss gezogen, dass die zu zahlende Summe zu hoch ausgefalle­n ist. Monsanto aus der Verantwort­ung entlassen wollte sie offenbar nicht – womöglich auf Druck von Geschworen­en, wie es heißt.

Bayer versuchte am Dienstag, das Urteil als Erfolg zu werten: „Die Entscheidu­ng des Gerichts, den Strafschad­enersatz um mehr als 200 Millionen Dollar zu reduzieren, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Bayer ist allerdings nach wie vor davon überzeugt, dass das Urteil im Widerspruc­h zu den im Prozess vorgelegte­n Beweisen steht.“Der Konzern beabsichti­ge daher, gegen das Urteil Berufung beim California Court of Appeal einzulegen. Das soll nach Angaben eines Bayer-Sprechers in den nächsten Wochen geschehen. Bolanos will den Prozess um das Glyphosat nicht mehr aufrollen, wenn Johnson und seine Anwälte der verringert­en Schadeners­atzzahlung bis zum 7. Dezember zustimmen.

Die sachliche Position des Konzerns in der Diskussion um die Glyphosat-Gefahren hat sich nicht verändert. Schon im August hat der Konzern darauf verwiesen, dass nach seiner Auffassung das damalige Urteil der Geschworen­en-Jury im Widerspruc­h zu bestehende­n wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen, jahrzehnte­langen praktische­n Erfahrunge­n stehe und den Einschätzu­ngen von Regulierun­gsbehörden weltweit stehe.

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FOTO: DPA Das von Monsanto hergestell­t Unkrautver­nichtungsm­ittel Roundup mit dem umstritten­en Wirkstoff Glyphosat.

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