Rat macht Wohnen auf „Netto“möglich
Auf dem Dach des neuen Discounters sollen Wohnungen entstehen. Dafür muss dieser aber größer ausfallen als bisher in dem Gebiet erlaubt ist. Der Rat votierte für einen neuen Bebauungsplan, gegen die Stimmen von FDP und SPD.
KLEVE Für die Region ist der Bau auf dem Bensdorp-Gelände innovativ: Es gibt in Kleve und Umgebung keinen Discounter, auf dessen Dach im Obergeschoss ein kleiner Stadtteil mit Wohnungen, einem Dorfplatz und einer Straße sitzt. „Wir Grünen sind froh, dass mit Investor Udo Tjaden und Projektentwickler Holtfester dort ein gelungenes Projekt entsteht“, sagte Grünen-Fraktionschefin Hedwig Meyer-Wilmes jüngst im Rat der Stadt. Der gab aber erst jetzt grünes Licht für einen Bebauungsplan, der das Vorhaben überhaupt ermöglicht.
Denn um den Bau gibt es Streit: Jan Holtfester hatte einen 1200-Quadratmeter-Markt für Netto planen lassen. Genehmigungsfähig sind bis dato aber maximal 800 Quadratmeter. Denn der neue Netto-Markt liegt genau auf der Grenze zweier Versorgungsbereiche: „Innenstadt“und „Kellen“. Märkte, die größer als 800 Quadratmeter sind, müssen mitten in solchen Versorgungsbereichen liegen, ansonsten muss man eine Ausnahmeregelung haben.
Deshalb sollte der alte Bebauungsplan Wiesenstraße, der auch keine Wohnnutzung zugelassen hätte, geändert werden. Das und das Einzelhandelskonzept sollten mit der Bezirksregierung abgesprochen werden. Letztlich hat die Stadt bei der Bezirksregierung die nötige Ausnahme für einen 1200-Quadratmeter-Markt aber nicht erreicht. Kleves Technischer Beigeordneter Jürgen Rauer hatte von Beginn an keinen Hehl daraus gemacht, dass er einen Netto-Markt mit 1200 Quadratmetern nicht für genehmigungsfähig halte, auch weil das dem Einzelhandelskonzept der Stadt widerspreche. Das habe auch die Bezirksregierung in Gesprächen mit der Stadt deutlich gemacht, erklärte Rauer im Rat. Soll das Wohnen auf dem Dach möglich sei, muss der Bebauungsplan geändert erneut offengelegt werden: als Mischgebiet.
Das wurde gegen die Stimmen von FDP und SPD mit Mehrheit vom Rat beschlossen. Fraktionschefin Petra Tekath verweigerte für die SPD ihre Zustimmung für die erneute Offenlage, weil sie das Gefühl habe, hier werde Baurecht erst im Nachhinein geschaffen. Dem hielt Meyer-Wilmes entgegen, dass mehrere Fraktionen sich schon lange für den Netto-Markt mit Wohnungen stark gemacht und lange vor Beginn der Bauarbeiten eine Änderung des Bebauungsplanes angestrebt haben. Das sei politisch gewollt. Auch habe man sicherstellen wollen, dass in Kleve Investoren gleich behandelt werden. Rauer erklärte, dass die Stadt keine Nutzungen genehmige, wofür es keine planungsrechtlichen Grundlagen gebe. Da behandle man alle Investoren gleich.
Die CDU wolle mit dem neuen Bebauungsplan nach vorn schauen, erklärte Fraktionschef Gebing im Rat und beantragte eine Erweiterung des Beschlusses. „Wir wollen ein Konzept, das die neu entstehenden Wohnbereiche auf der Bensdorp und auf dem Union-Gelände an die City und an den Bahnhofsbereich anschließt und die bisherigen Grenzen der Versorgungsbereiche überdenkt“, sagt Jörg Cosar, Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung.
Neben den über 150 Wohnungen an der Van-den-Bergh-Straße in Richtung Bensdorp vor der denkmalgeschützten Halle der Union plant ein anderer Investor, das restliche Union-Gelände auf der anderen Seite der denkmalgeschützten Halle ebenfalls mit Wohnhäusern zu bebauen – Eingeweihte rechnen hier nochmals mit mindestens der gleichen Anzahl an Wohnungen. „Da muss man prüfen, ob das Einzelhandelskonzept mit seinen vor Jahren gezogenen Grenzen noch haltbar ist“, so Cosar. Der Beschluss solle in der Ausarbeitung eines Rahmenplanes zur grundsätzlichen städtebaulichen Ausrichtung von Union, XOX und Bensdorp und deren Verknüpfung mit dem Zentrum Kleve münden.
Die Verwaltung fürchtet dagegen, dass eine Ausweitung der Innenstadt zu einer Verschiebung der City in Richtung Unterstadt führen könne. Dennoch werde die Verwaltung Gutachten für den „Weg 2“beauftragen, um dann die notwendigen Umsetzungsschritte durchzuführen, so Stadtsprecherin Katrin Berns.