Rheinische Post Kleve

Keine Lust auf Saudi-Arabien

In Paris unterliegt Roger Federer im Masters-Halbfinale dem Serben Novak Djokovic. Trotzdem ist er der moralische Sieger: Im Gegensatz zu Djokovic sagt er einen Schaukampf in Saudi-Arabien ab und setzt ein wichtiges Zeichen.

- VON JESSICA BALLEER

PARIS/DÜSSELDORF (RP/sid) Im Halbfinale des Masters Turniers in Paris haben sie es wieder getan. Die Tennis-Stars Novak Djokovic (31) und Roger Ferderer (37) zeigten Weltklasse-Tennis und bescherten den Zuschauern einen Krimi. Nach gut drei Stunden dann schrie der Serbe seine Freude heraus: 7:6 (8:6), 5:7 und 7:6 (7:3) siegte Djokovic. Er thront nun wieder auf dem ersten Weltrangli­stenplatz. Und trotzdem steht nicht Djokovic, sondern Federer als moralische­r Gewinner da.

Federer hat ein Zeichen gesetzt. Er hat sich gegen einen Schaukampf in der saudi-arabischen Hafenstadt Dschidda entschiede­n. „Es gab eine offizielle Anfrage des Veranstalt­ers“, sagte er nach seiner Halbfinal-Niederlage, „aber ich wollte nicht dort spielen, deshalb war es eine schnelle Entscheidu­ng.“Der Schweizer hat abgesagt – im Gegensatz zu Djokovic und Rafael Nadal.

Lange Zeit war Federer der nette Weltstar von nebenan geblieben – der neutrale Schweizer, der Konflikte mied. 22-maliger Grand-SlamSieger, sechsmal Weltrangli­stenplatz eins, ein Gentleman auf dem Platz. Aber auch ein schweigend­er Star, wenn es um Themen ging, deren Bedeutung über die Begrenzung­en des Platzes hinausreic­hten. Die Entscheidu­ng nun gibt dem Sport-Champion lange vermisste Ecken und Kanten, die ein echtes Idol ausmachen. Ein Manko bleibt aber: Genaue Gründe seiner Absage formuliert­e Federer nicht. „Ich ziehe es einfach vor, in der Zeit andere Dinge zu tun, zum Beispiel zu trainieren.“

Das Match um den „King Salman Tennis Cup“soll am 22. Dezember stattfinde­n. Wegen Menschenre­chtsverlet­zungen und nicht zuletzt durch die Ermordung des Journalist­en Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul ist das Land stärker denn je in die Kritik geraten. Federers Absage bleibt ein wichtiges Signal, auch wenn er es verpasst hat, es mit einem Statement Roger Federer Tennisstar

zu untermauer­n. Nadal erklärte in Paris, er habe bereits vor einem Jahr zugesagt. Derzeit würden seine Berater die neue Situation bewerten. Djokovic dagegen bewies auf Twitter reichlich Naivität: „Ich freue mich darauf, dieses schöne Land zu besuchen und dort zu spielen. Danke für die Einladung.“

Auch Federer hat auf der ATP-Tour schon an politisch fragwürdig­en Orten aufgeschla­gen. Und jüngst sorgte er mit der Wahl seines neuen Ausrüsters „Uniqlo“für Schlagzeil­en. Die japanische Firma steht wegen schlechter Arbeitsbed­ingungen am Pranger. Vor dem Hintergrun­d der aktuellen politische­n Fehltritte Saudi-Arabiens aber die eigene Linie neu zu justieren, spricht für den 37-Jährigen. Bereits vor einigen Monaten hat er den Weg offenkundi­g eingeschla­gen.

Ungewohnt häufig hatte Federer zuletzt scharfe Kritik geäußert. Zunächst, als er er die junge Spielergen­eration um Alex Zverev (21) für ihre Attitüde auf dem Court anging. Der Großmeiste­r befand, die Youngsters seien „leider – oder für mich persönlich glückliche­rweise – nicht auf einem so hohen Level“wie seinerzeit Rafael Nadal und Co. Dann legte er gegen Fußballsta­r Gerard

„Ich wollte nicht dort spielen, deshalb war es eine schnelle Entscheidu­ng“

Piqué nach, der die Davis-CupReform befürworte­t hat. Piqués Firma „Kosmos“hält Rechte an dem neuen Wettbewerb. „Für uns Tennis-Spieler ist es schon komisch, einen Fußballer in unserer Welt zu haben. Darum muss er aufpassen, was er wie sagt“, sagte Federer.

Zuletzt rügte er in der „Sunday Times“noch Serena Williams für ihren Ausraster im US-Open-Finale im September. Die 37-Jährige sei „zu weit gegangen“und hätte „lieber weggehen sollen“, kommentier­te Federer. Williams war Schiedsric­hter Carlos Ramos übel angegangen, nachdem er sie wegen unerlaubte­n Coachings verwarnt hatte.

Sozial war Federer immer vorbildlic­h engagiert. Was ihn von anderen Sportgröße­n lange unterschie­d, war der Mangel an einer Haltung zu Themen außerhalb des Tenniscour­ts. Diese scheint er nach rund 20 Karriereja­hren zu entwickeln.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Beim Masters in Paris sitzt Roger Federer (37) auf der Spielerban­k. Im Halbfinale verliert er denkbar knapp nach Tiebreak im dritten Satz gegen Novak Djokovic.
FOTO: IMAGO Beim Masters in Paris sitzt Roger Federer (37) auf der Spielerban­k. Im Halbfinale verliert er denkbar knapp nach Tiebreak im dritten Satz gegen Novak Djokovic.

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