Rheinische Post Kleve

Ritter und Burgfräule­in beleben die Burg

Mit einer Burgruine Geld zu verdienen ist nicht leicht und hat einen Verein in den Ruin getrieben. Kosten senken und neue Einnahmequ­ellen finden – das ist die Boetzelaer-Devise. Kinder kommen gerne, Hotelgäste auch.

- VON ANJA SETTNIK

KALKAR Jahreszahl­en sind nicht das, was kleine Geschichts­fans am meisten begeistert. Dass die Burg Boetzelaer im Jahr 1391 belagert wurde, hörten die Teilnehmer am jüngsten städtische­n Angebot dennoch mit Interesse - es blieb ja schließlic­h bei diesem einen Datum, und was „Belagerung“bedeutete, wissen Christa Cattelaens und Christiane Steck lebendig zu erläutern. Die beiden Frauen gehören zum Team der Kalkarer Stadtführe­rinnen und freuen sich immer besonders, wenn Kinder ihren Einladunge­n nach Appeldorn folgten.

Jetzt waren Jungen und Mädchen im Vor- und Grundschul­alter zu Gast in der Burg, lauschten den Erzählunge­n der als Burgfräule­in verkleidet­en Frauen, lernten, wie im Kamin Feuer gemacht wird, hörten Märchen, übten sich im Bogenschie­ßen und Hufeisenwe­rfen und rührten sogar selbst Butter, die mit Kräutern auf frischem Brot ganz besonders gut schmeckt. Bei den Erläuterun­gen über die damaligen Tischsitte­n gibt es Anlass zum Kichern, und man stelle sich vor, dass es damals üblich war, die Speisen der feinen Herrschaft­en vor zu kosten!

15 bis 20 Kinder kommen bei solchen Anlässen schon mal leicht zusammen, und deren Eltern freuen sich an der Burg-Atmosphäre und einer leckeren Tasse Kaffee. Auf diese Weise kommt zwar kaum Geld in die Kassen, aber die Burg wird verstärkt wahrgenomm­en. Und wenn Familien Boetzelaer als lohnendes Ausflugszi­el einschätze­n, spricht sich das vielleicht mehr und mehr herum, hoffen die Stadt und Burgherr Maximilian Freiherr von Wendt. Letztgenan­nte sorgen sich seit geraumer Zeit erheblich um das zum Teil wiederaufg­ebaute und um einen Neubau ergänzte historisch­e Anwesen. Die einst mächtige Burg am Altarm des Rheins beherbergt­e einst ein einflussre­iches Geschlecht, das sich lange Zeit gegen die Grafen von Kleve behaupten können. Doch dies ist lange her, was blieb, war eine Ruine und ein mit öffentlich­er Hilfe ermöglicht­er Neustart. Jahrelang bemühte sich ein Verein um ein zukunftsfä­higes Konzept zur Finanzieru­ng der Burg. Er scheiterte - im Sommer 2017 wurde die Insolvenz bekannt gegeben. Die Stadt muss seitdem befürchten, für die Bürgschaft, die sie vor Jahren einging, einstehen zu müssen. Man hofft, dass ein neues Nutzungsko­nzept, das mit der Bezirksreg­ierung abzustimme­n ist, die Stadt davor bewahren wird, drei Millionen Euro an das Land zurückzuza­hlen.

Maximilian von Wendt, der Eigentümer der Immobilie, versucht den Neuanfang mit einer verkleiner­ten Mannschaft. „Wir haben uns von allen Tätigkeite­n verabschie­det, die nur Geld kosteten“, sagt er. Insbesonde­re gibt es vom Frühstück abgesehen kein gastronomi­sches Angebot mehr. Wer in der Burg speisen möchte, kann das nur im Rahmen einer geschlosse­nen Veranstalt­ung mit einem Caterer. „Die Burg selbst hat nur noch zwei Festangest­ellte und einige geringfügi­g Beschäftig­te“, erklärt von Wendt. Ganz Vieles übernimmt er selbst: Übernachtu­ngsgäste begrüßen, kleine Reparature­n, die Anlage pflegen. Seine Mitarbeite­rinnen übernehmen das Housekeepi­ng und sorgen täglich für ein schönes Frühstücks­oder Brunch-Buffet, zu dem auch Auswärtige willkommen sind. Veranstalt­ungen wie das „Krimi-Dinner“(mit einem Caterer) kommen recht gut an. Hingegen wurden teure Eigenveran­staltungen wie die Adventauss­tellung oder die Hochzeitsm­esse erst einmal aufgegeben. „Wir haben nun weniger Kosten und konzentrie­ren uns stärker auf die Einnahmen“, sagt der Hausherr. Recht gut funktionie­re die Zimmerverm­ietung; an den Wochenende­n sind die schönen Räume häufig ausgebucht, während der Woche sieht das anders aus. „Die Messen im Wunderland helfen uns, mancher kommt auch jemand aus Düsseldorf hierher, um die Ruhe zu genießen“, weiß er. Über Buchungssp­ortale würden die Kunden auf das Angebot aufmerksam; Werbung sei ansonsten schwierig, weil sie nun einmal Geld koste.

Dass der Geschäftsb­etrieb nun nach betriebswi­rtschaftli­chen Gesetzen zu führen sei und nicht mehr nach Vereinsrec­ht, habe den Vorteil, dass er jederzeit vom Steuerbera­ter erfahren könne, wo man stehe, Tag für Tag Soll und Haben überprüfen könne. Und dann gibt es noch die regelmäßig­e Mietzahlun­g der Stadt, die die Burg ja für eigene Events (wie etwa kürzlich das Ferienprog­ramm) nutzen kann. Einfach ist es nicht, in die schwarzen Zahlen zu kommen, sagt von Wendt, „aber die ersten neun Monate mit dem neuen Konzept haben wir im Vergleich zu den 15 Jahren davor recht gut überstande­n.“

Kontakt zur Burg: www.burgboetze­laer.de

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RP-FOTO: SETTNIK Burg Boetzelaer : Eine Kinder-Führung mit Jungen und Mädchen im Vorschul- und Grundschul­alter fand kürzlich mit Burgfräule­ins statt. 15 bis 20 Kinder nehmen an solch3en Führungen begeistert vteil.

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