Erinnerung an den Synagogen-Brand
Der Verein „Stolpersteine“und Gocher Schüler laden Bürger ein, mit ihnen Kerzen zu entzünden und am Platz der früheren Synagoge der verfolgten und ermordeten Juden zu gedenken.
GOCH Es ist 80 Jahre her, dass SS-Leute die Gocher Synagogen anzündeten und dafür sorgten, dass sie auch nicht gelöscht wurden. Das Bethaus der jüdischen Gemeinde verbrannte, wie es bei den Novemberpogromen 1938 an unzähligen Orten in Deutschland geschah. Heute stellen sich in vielen Städten Menschen der Erinnerung und laden für den Abend des 9. November zum Gedenken ein. In Goch ist es die Initiative „Stolpersteine“, die für die Veranstaltung verantwortlich ist. Ruth Warrener, Lehrerin an der Gesamtschule Mittelkreis, und weitere Aktive der Initiative stellten im Museum vor, was sie sich für den 9. November ausgedacht haben.
Verfolgung von und Gewalt gegen Juden gibt es auch lange Zeit nach dem Ende des Nationalsozialismus in vielen Teilen der Welt: Erst vor wenigen Tagen hat das Attentat auf Juden in Pittsburgh den Antisemitismus wieder in die Schlagzeilen geholt. Ob offen gezeigter oder latenter Hass: Ihm muss mutig entgegengetreten werden, finden die engagierten Gocher, die sich über die Pogromnacht und das Umgehen mit dem Datum viele Gedanken gemacht haben.
Pfarrerin Rahel Schaller erinnert daran, dass die Synagoge 126 Jahre an der Herzogenstraße stand, bevor sie in der Nacht auf den 10. November 1938 angezündet wurde. Die Täter waren bekannt und mussten sich nach dem Krieg vor Gericht verantworten - die Strafen fielen vergleichsweise milde aus. Weil dieser Gerichtsprozess, wie Johannes Janßen (“der Brauer“) meint, damals von den wenigsten Gochern wahrgenommen wurde und auch später über das Geschehen zwischen 1933 und 1945 weitgehend geschwiegen wurde, hat die Initiative eben diesen Prozess mal näher betrachtet. Es wird am 9. November im Museum Goch eine Lesung mit dem Titel „Im Namen des Rechts“geben. Heinz van de Linde, Jürgen Kranz und Holger Zenker lesen
mit verteilten Rollen Auszüge aus den Prozessakten des „Synagogen- und Brandstifterprozesses“vor. Das Konzept dazu hat Ruth Warrener entwickelt, die seit vielen Jahren über die Gocher Juden forscht und auch den Stolperstein-Künstler Gunter Demnig in die Stadt holte.
„Wir werden am Freitag, 9. November, an mehreren Standorten in der Stadt durch Schüler dreier Schulen Gedenkfeiern gestalten. Zuvor werden um 17 Uhr zeitgleich an der Brückenstraße, an der Weezerstraße, der Voßstraße, der Mühlenstraße und am Blumenplatz Kerzen für die Opfer entzündet. Die Schüler gehen dann mit den brennenden Kerzen in ihren Händen Richtung Herzogenstraße, wo wir die Lichter zusammenführen wollen. Die teilnehmenden Schüler kommen von der Gesamtschule, der Realschule und vom Gymnasium Gaesdonck. Alle haben sich intensiv vorbereitet, viele waren auch schon bei der Verlegung von Stolpersteinen dabei“, weiß Pfarrerin Schaller. „Brauer“Janßen weist darauf hin, dass sehr gern gesehen würde, wenn möglichst viele Gocher Bürger an der Veranstaltung teilnehmen würden, um ihre Solidarität zu zeigen und das Anliegen zu unterstützen, die verfolgten und ermordeten einstigen Mitbürger nicht zu vergessen.
Aus den Gerichtsakten vorzulesen scheint Ruth Warrener die beste Möglichkeit, diejenigen Leute zu „hören“, die damals dabei waren. Eine 1a-Quelle, die ohne Interpretation auskommt. Es gibt Zeugenaussagen, die Einlassungen der Angeklagten, Widersprüche, Unbeantwortetes - und eben recht milde Urteile, die einen Staatsanwalt immerhin motivierten, Revision zu beantragen. Thomas Rufmann und Kaliana Rahel Asare werden zur Lesung jüdische Musik machen. Anschließend ist Gelegenheit, mit den Akteuren zu sprechen.